Exportfahrräder

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Überblick

Fahrräder aus DDR-Produktion wurden seit Ende der 1940er Jahre in zahlreiche Länder exportiert. Für den Export in den europäischen Markt (inklusive UdSSR) ist davon auszugehen, dass hauptsächlich solche Fahrräder geliefert wurden, die auch für den DDR-Binnenmarkt produziert wurden. Exportiert wurde sowohl in die sozialistischen Staaten des RGW-Raumes (Rat Gegenseitiger Wirtschaftshilfe) wie auch in das Nichtsozialistische Wirtschaftsgebiet (NSW). Aus den 1950er Jahren sind von den Herstellern Diamant, Möve, Mifa und Simson verschiedene Export-Modelle mit spezieller Bauart und Ausstattung (Rahmenform, Schutzbleche, Bremsen, Lackierung) bekannt. Diese Tourenfahrräder glichen den im Britischen Weltreich produzierten Fahrradtypen (Herrenfahrräder teilweise mit doppeltem Oberrohr, Damenräder mit weit heruntergezogenem Oberrohr, Gestängebremsen für Vorder- und Hinterrad) und zielten als sogenannte "englische" Fahrräder folglich auf den Überseemarkt (v.a. Afrika und Asien) ab.

Bis Ende der 1950er Jahre wurden Fahrräder "englischer" Bauart in zahlreichen Fahrrad-Katalogen der DDR aufgeführt. Im Zuge der Sortimentsbereinigung 1959/60 blieben von diesen Fahrradtypen, die bis dahin von Mifa, Möve und Diamant gleichermaßen und in sehr ähnlicher Ausführung produziert wurden, nur zwei "englische" Herrenfahrräder von Möve, davon eines mit doppeltem Oberrohr. Ein gemeinsamer Katalog von Diamant, Mifa und Möve aus dem Jahr 1959 ist der letzte bekannte Beleg für diese Exportfahrräder, deren Herstellung spätestens mit der Einstellung der Fahrradproduktion bei Möve im Herbst 1961 entfiel. Ausgehend von veröffentlichten Werbe-Anzeigen scheint seit Beginn der 1960er Jahren hauptsächlich der VEB Mifa-Werk Sangerhausen Fahrräder für das Ausland hergestellt zu haben. Entsprechende Anzeigen aus dem Zeitraum von 1964 bis 1966 sind v.a. in Bezugsquellennachweisen, Katalogen und Magazinen zu den Leipziger Messen zu finden ("Mifa Fahrräder in alle[r] Welt"). Abgesehen davon finden sich für die 1960er Jahre kaum noch offizielle Hinweise zum Export von DDR-Fahrrädern.

In den 1970er und 1980er Jahre war die Bundesrepublik Deutschland ein offenbar wichtiger Abnehmer für Fahrräder und Fahrrad-Komponenten (hauptsächlich Beleuchtungskomponenten vom VEB Fahrzeugelektrik Ruhla) aus der DDR. Aus offiziellen Quellen ist darüber jedoch noch wenig bekannt; die Erkenntnisse speisen sich bislang v.a. aus gesichteten Belegexemplaren und Hinweisen aus DDR-Prospekten der jeweiligen Hersteller. Zumindest in der BRD der 1970er und 1980er Jahre wurden die Fahrräder und Komponenten aus DDR-Produktion vorwiegend im Niedrigpreissegment angeboten. Die Einkaufspreise waren vermutlich wie bei anderen DDR-Importwaren sehr niedrig. Andererseits entsprachen viele Fahrradkomponenten zu dieser Zeit nicht mehr den aktuellen Entwicklungen. Hinzu kamen zunehmend Qualitätsmängel, die sich beispielsweise an schlechter Passung Lenkerschaft/Steuerkopf und störanfälligen Tretlagern bemerkbar machten. Andere Komponenten wie die Dynamos von FER und Rücktrittnaben von RENAK zeichneten sich auch damals noch durch ihre Langlebigkeit aus. Spätestens nach dem Beitritt der DDR zur Bundesrepublik Deutschland 1990 zeigte sich jedoch, dass der DDR-Fahrradbau seit den 1970er Jahren mit dem internationalen Niveau im allgemeinen nicht schrittgehalten hatte.

Anhand schriftlicher Quellen lässt sich belegen, dass der Export der Fahradhersteller um 1960 sehr hoch war: Bei Mifa waren es 1960 51.000 Fahrräder - ein Drittel der Gesamtproduktion. Im Jahr 1961 wurden 40 Prozent aller Diamantfahrräder exportiert. Diese und weitere Informationen gehen aus der westdeutschen "Deutschen Mechaniker-Zeitung" hervor:

Der Export wie auch der Import von Fahrrädern und Fahrradteilen erfolgte vom Deutschen Außen- und Innenhandel, Bereich Transportmaschinen mit Sitz in Berlin, Mohrenstraße 61. Kinderfahrräder (und auch Dreiräder und Gokarts) aus dem VEB Kinderfahrzeuge Mühlhausen wurden in den 1980er Jahren vom Spielwaren und Sportartikel Export - Import mit Sitz in Berlin, Charlottenstraße 46 exportiert.

Export von Fahrrädern 1961 bis 1990

Die bis 1961 produzierten speziellen Export-Modelle der Hersteller Diamant, Mifa, Möve und Simson werden in den jeweiligen Artikeln ausführlich behandelt.

Bei den im folgenden vorgestellten Fahrrädern handelt sich um Modelle und Ausführungen, die im Wesentlichen mit jenen für den DDR-Markt identisch waren, in Details (Finish, Dekor, Ausstattung) jedoch eindeutig auf einen Export-Artikel hinweisen.

Über die Exportaktivitäten der Hersteller von Fahrrädern und Zubehörteilen in den 1960er bis 1980er Jahren ist nur wenig bekannt. Gesichert ist die Tatsache, dass keine ausschließlich für den Export bestimmten Fahrradmodelle von der DDR-Fahrradindustrie produziert wurden, sondern Binnenmarkt-Modelle nur modifiziert wurden (Ausnahme: Diamant-Modelle 35 104 bzw. 35 162). Wie bereits erwähnt, verblieb nach 1961 zunächst hauptsächlich Mifa als Hersteller von Fahrrädern für den Export. Es ist davon auszugehen, dass sich dieser Export hauptsächlich auf Westeuropa beschränkte und in die RGW-Staaten allenfalls in geringem Umfang stattfand. Ob es nach 1961 noch einen Export nach Übersee gab, ist nicht bekannt. Für den Zeitraum 1965/66 ist allerdings die Lieferung von insgesamt 6.000 Mifa-Fahrrädern in die Demokratische Republik Vietnam (Nordvietnam) belegt.

Ab Ende der 1960er Jahre wurden die Exportaktivitäten zeitweise eingestellt, um dem falsch eingeschätzten Inlandbedarf besser gerecht zu werden. Aufgrund der zunehmenden Motorisierung der Bevölkerung, hatte man einen Rückgang beim Fahrradbedarf erwartet, der jedoch nicht eintrat. Aufgrund der schwierigen Versorgungslage wurden 1970 und 1971 sogar Fahrräder aus der Volksrepublik Polen importiert. Der Jahresausstoß an Fahrrädern wurde schrittweise vergrößert, sodass später der Export wieder aufgenommen werden konnte. Details dazu werden in den Unterkapiteln zu Diamant und Mifa aufgeführt.

Vor allem in den 1980er Jahren wurden Fahrräder aus DDR-Produktion in der BRD oft unter anderem Markennamen und teilweise auch mit geänderter Ausstattung angeboten, wobei die Herkunft des Fahrrades keine Erwähnung fand und sich lediglich anhand der Rahmenbauweise und der verwendeten Anbauteile (v.a. Beleuchtungskomponenten) nachweisen lässt.

Zeitzeugen berichten, dass DDR-Fahrräder mitunter in den Katalogen großer Versandhäuser wie Quelle oder Neckermann angeboten worden sein sollen. Eindeutige Belege waren dafür bisher noch nicht auffindbar; bekannt ist lediglich, dass DDR-Fahrräder in Quelle-Katalogen von 1982, 1983 und 1988 nicht angeboten wurden. Es wird eußerdem berichtet, dass DDR-Fahrräder in großen Kaufhäusern wie Karstadt angeboten worden sein sollen. Auch hier fehlen noch Nachweise darüber.

Exportfahrräder von Diamant

Seit den 1960er Jahren wurden die Exporträder häufig unter dem Markennamen Diadem verkauft. Die assoziative Nähe zu Diamant ist dabei unverkennbar. Der Grund für diese Namensänderung ist unbekannt, möglich wäre eine Abgrenzung zur belgischen Fahrradmarke Diamant oder sonstige markenrechtliche Zwänge. Parallel zur Marke Diadem wurden Fahrräder des VEB Elite-Diamant jedoch auch weiterhin unter der bekannten Marke Diamant verkauft. Das Dekor dieser Fahrräder unterschied sich hingegen grundlegend von der DDR-Ausführung. Oft wurden Fahrräder mit dem Hinweis "Markenrad" gelabelt, ohne aber auf die Herkunft aus der DDR hinzuweisen. Auffällig ist, dass die Dekore der 1970er und 1980er Jahre jenen westdeutscher Fahrradmarken optisch stark ähnelten (Layout, Chromfolie als Trägermaterial); zumindest eine Dekor-Variante wurde nachweislich von der westdeutschen Firma Friedrich Bentlage KG (Bielefeld) hergestellt. Da das Design in kurzen Abständen (oft jährlich) geändert wurde und von den Dekorsätzen stets einige Exemplare übrig blieben, finden sich diese speziellen Schriftzüge heute häufig noch unbenutzt auf ihrem Trägerpapier. Nicht selten wurden diese "Restposten" auch für aufgearbeitete Rahmen in der DDR verwendet.

Die Ausstattung der Exportfahrräder entprach zumeist der DDR-Ausführung, bestand jedoch wahrscheinlich auch aus Komponenten westeuropäischen Ursprungs. Das betraf häufig Sattel, Lenker, Bereifung, Pedale und die Hinterradnabe (erweitert um eine Nabenschaltung). Nicht immer stammte die veränderte Ausstattung nur aus westeuropäischer Produktion - eine Fahrradklingel mit Christopherus-Motiv aus DDR-Produktion wurde offenbar ausschließlich an Exporträdern verwendet. Auch bei einigen anderen Teilen wie verscheidenen Fahrradsätteln gibt es Hinweise zu dieser Annahme. In den 1980er Jahren erfolgte die Lackierung der Fahrräder offenbar vorwiegend in silber-metallic, kombiniert mit sogenannten Gumwall-Reifen (mit orangefarbenen Flanken).

Der vorliegenden Literatur zufolge wurde der Export von Diamant-Fahrrädern Ende der 1960er Jahre gestoppt. Schriftliche Belege, die auf den Export von Diamant-Fahrrädern schließen lassen, sind erst wieder ab Beginn der 1980er Jahre nachgewiesen (etwa in einem doppelseitigen, mehrsprachigen Werbeblatt für Diamant-Fahräder von 1982). Allerdings sind auch Exporträder aus den späten 1970er Jahren belegt. Diadem-Fahrräder sind bisher für die Jahre 1981, 1982 und 1991 belegt. Es handelt sich dabei stets um Abwandlungen der Modelle 35 105/160. Mit Diamant-Dekor in Exportausführung sind darüber hinaus auch die Modelle 35 104/162 belegt. Der Grund für die teilweise Abwandlung des Markennamens in Diadem ist nicht bekannt, allerdings wurden in den 1980er Jahren Diamant-Fahrräder vom belgischen Rennradfahrer August Simons produziert, was möglicherweise markenrechtliche Konsequenzen hatte.

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Exportfahrräder von Mifa

Bis in die 1960er Jahre hinein, wurden Fahrräder von Mifa nur mit geringfügig abgewandelter Optik und Ausstattung hauptsächlich unter der Marke Mifa exportiert. Darüber hinaus sind die Exportmarkennamen Farosa und Siegfried bekannt, weiterhin wurde zumindest Mifa Modell 901 auch unter bereits existierenden Marken anderer Hersteller vertrieben. Bekannt sind Mifa-Klappräder von Everest (als Everest spezial 1968 in der BRD, vrmtl. über den Versandhandel), Grandezza und Rekord. Darüberhinaus sind für Export-Klappräder mehrere abgewandelte Mifa-Dekore bekannt. Ein wichtiger Abnehmer von Klapprädern war die Volksrepublik Polen.

Literaturseitig belegen lässt sich die Bezeichnung Farosa in einem Katalog von 1967 sowie auf einem Foto, das den Stand des Deutschen Außen- und Innenhandel Transportmaschinen auf der Internationalen Fahrrad- und Motorrad-Ausstellung (IFMA) 1967 in Köln zeigt. Hier wurden unter dem Namen Farosa Kinderfahrräder präsentiert. Grundsätzlich scheinen die genannten Markennamen vorwiegend an Jugend-, Kinder- und Klapprädern verwendet worden zu sein. In welchem Umfang und für welche Märkte Fahrräder zu Exportzwecken produziert wurden, ist nicht bekannt. Auch die BRD dürfte jedoch sehr wahrscheinlich eines der Abnehmerländer gewesen sein, wie sich anhand westdeutscher Anbauteile an diesen Fahrrädern; den Fundorten der Belegexemplare; sowie Hinweisen aus der Literatur ergibt.

Auch die Tourenrad-Modelle wurden bis mindestens 1966 mit dem Name Mifa und dem Zusatz Markenrad angeboten. Beleg dafür ist ein Mifa Modell 101 von 1966, welches über einen Hamburger Händler vertrieben wurde. Vermutlich verwendete man zeitgleich auch anderen Markennamen: Für 1967 und 1968 ist eine Abwandlung des Modells 152 unter dem Markenname Brillant belegt. Ab den 1970er Jahren sind Exportfahrräder unter dem Namen Mifa nicht mehr belegt. Spätestens 1974 wurde der Export von Fahrrädern bei Mifa gestoppt, um dem seinerzeit falsch eingeschätzten Inlandsbedarf besser Rechnung tragen zu können.

In den 1980er Jahren wurde der Export von Fahrrädern bei Mifa wieder aufgenommen. Unter der westdeutschen Marke Schneider wurden seinerzeit Fahrräder unterschiedlichen Ursprungs verkauft, darunter auch solche, bei denen es sich offensichtlich um Sporträder von Mifa handelte. Die Ausstattung wurde gegenüber den DDR-Modellen nur geringfügig geändert, so besaßen sie bespielsweise den Metall-Kettenschutz, der normalerweise an Mifa-Tourensporträdern verwendet wurde. Lediglich die besser ausgestatteten Sportrad-Modelle mit 3- und 5-Gangschaltung von Favorit wurden unter der Marke Schneider angeboten. Bemerkenswert ist, dass diese Fahrräder offenbar ausschließlich in Silbermetallic lackiert wurden. Unter allen DDR-Exportfahrrädern der 1980er Jahre sind die Schneider-Modelle von Mifa am häufigsten anzutreffen. Ein anderer Name, unter dem sowohl Sport- als auch auch Tourensporträder von Mifa vertrieben wurden, war Exclusiv. Eine weitere, noch verklärendere Exportbezeichnung lautete Manhattan.

General-Impoerteur für Fahrräder von Mifa und aus dem VEB Fortschritt Mähdrescherwerk Bischofswerda/Singwitz, Betriebsteil Neukirch (Jugendfahrräder) in die BRD war seit 1982 der Iraner Unternehmer Mehdi Biria (ZEIT vom 24.7.1992). Spätestens ab 1989 wurde Biria auch als Markenname für Mifa-Exportfahrräder geführt.

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Export weiterer DDR-Fahrradproduzenten in die BRD

Neben Fahrrädern von Diamant und Mifa wurden in den 1980er Jahren auch 24"-Jugendrad-Modelle des VEB Fortschritt Mähdrescherwerk Bischofswerda/Singwitz, Betriebsteil Neukirch in die BRD exportiert, General-Importeur war hier seit 1982 der Iraner Unternehmer Mehdi Biria. Exportiert wurden jedoch vermutlich nur geringe Stückzahlen und in geringfügig geänderter Ausstattung/Finish. Die Jugendräder wurden offenbar unter dem Markennamen Twenter vermarktet, der ab 1990 auch für den DDR-Binnenmarkt übernommen wurde. Weiterhin sind auch Jugendräder unter der Markenbezeichnung Exclusiv belegt.