Diamant Modell 35 105

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Einordnung in die Modellpalette

Anscheinend zeitgleich mit einer optischen Überarbeitung der Modellpalette erschienen 1964 bei Diamant die Modelle 35 105 (Herrenausführung, 26") und 35 156 (Damenausführung, 26") als Luxus-Ausführungen der Tourensporträder. Konstruktiv geht der hier beschriebene Typ weitgehend auf das Modell 35 102 zurück, die Ausstattung hingegen war verbessert worden. Während der 1960er Jahre wurde das Grundmodell häufiger produziert als die Luxus-Variante, doch im Laufe der 1970er Jahre entwickelte sich das hier beschriebene Modell zum dominierenden - vermutlich aufgrund des Produktionsbeginns der Tourensporträder bei Mifa, die in einer weitgehend ähnlichen Ausstattung angeboten wurden wie das einfache Modell 35 102 von Diamant. Zumindest scheint der Anteil des Typs 35 105 an der Gesamtproduktion nach 1970 angestiegen zu sein und es blieb bis 1990 eines der am häufigsten produzierten Fahrräder im Sortiment von Diamant. Auch in und unmittelbar nach der Wendezeit behielt man die Tourensporträder bei, nunmehr jedoch mit moderneren Komponenten versehen. Entsprechend der neuen Marktsituation wählte man auch eingängigere Bezeichnungen, im ersten Nachwende-Katalog tragen die Tourensporträder daher die Bezeichnung "Topas". Für Modell 35 160 ist auch ein Export in die Bundesrepublik belegt, diese Fahrräder wiesen eine geänderte Ausstattung auf.

Mit 26"-Laufrädern und 56 cm Rahmenhöhe fielen die Herren-Tourensporträder relativ klein aus, sie eigneten sich lediglich für Personen bis etwa 175 cm Größe und wurden häufig auch von Kindern gefahren. Es zählt zu den Merkwürdigkeiten des DDR-Fahrradsortiments, dass für größere Personen keine geeigneten Straßenfahrräder produziert wurden. Dies änderte sich erst ab 1988 mit Einführung der Rennsporträder.

Rahmen und Ausstattung

Das früheste bislang bekannte Exemplar stammt aus dem I. Quartal 1964 und besitzt bereits Anlötteile zur Befestigung des Dynamos und des Kettenschutzes. Die Ausfallenden der Vorderradgabel verfügten über je zwei Ösen zur Befestigung des Schutzbleches, im Gegensatz zum Modell 35 102, welches hier nur je eine Öse besaß. Die übrigen konstruktiven Details des Rahmens entsprachen jenen des Typs 35 102.

In Anlehnung an die einfacheren Tourensporträder besaß auch das Modell 35 105 ein Keiltretlager (BSA-Ausführung) und Aluminiumfelgen, die nun mit für Felgenbremsen optimerten Flanken versehen waren. Anders als die Damenausführung hatte die Herrenvariante einen Leder-Sportsattel. Hinsichtlich der übrigen Ausstattung bestanden einige Unterschiede zu den einfacheren Tourensporträdern. Die Luxusausführung besaß beispielsweise Aluminiumschutzbleche, wobei das vordere Schutzblech mit einer Überlaufstrebe versehen war. Neu war bei diesem Modell auch die Befestigung der Schutzbleche mit Hilfe von Klemmen aus Metall bzw. später aus Kunststoff. Diese Art der Befestigung erwies sich als weniger schadanfällig. Die Klemmen waren recht robust gefertigt, während die Klemmplättchen der üblichen Aluminium-Schutzblechstreben sehr bruchanfällig waren. Auch der Kettenschutz bestand zunächst aus Aluminium. Eine weitere Neuerung stellte die vordere Felgenbremse mit den längeren Bremsschenkeln dar. Zwar gab es diese Felgenbremse schon seit Ende der 1950er Jahre von Alda, doch blieben die realisierten Stückzahlen anfangs offenbar gering. Neu waren ferner Lenkergriffe aus grauem Kunststoff, sie wurden an diesem Modell offenbar erstmalig verwendet und in der zweiten Hälfte der 1960er Jahre zunehmend auch bei den übrigen Fahrradtypen eingesetzt. Während die Flügelmuttern von den Sporträdern stammten, war der Gesundheitslenker nur bei den hier beschriebenen Tourensporträdern zu finden. In den 1960er Jahren kostete diese Ausführung 280,- Mark, 1981 kaum verändert 283,- und für 1988 ist der Verkaufspreis von 290,50 Mark belegt.
Die folgende Tabelle erlaubt eine Übersicht über die Unterschiede in den Ausstattungsdetails der Tourensporträder, wie sie zwischen 1966 und 1978 bestanden. Danach wurden einige dieser Unterschiede aufgehoben, bis die gleichzeitige Produktion beider Ausführungen in der zweiten Hälfte der 1980er Jahre schließlich obsolet wurde.

Ausstattungsdetail Modell 35 102 Modell 35 105
Lenker Flachlenker "Gesundheitslenker"
Vorderradbremse Stempelbremse mit Bowdenzug Felgenbremse
Achsmuttern Sechskantmuttern Flügelmuttern
Kettenschutz ohne Kettenschutz Stahl, verchromt (bis 1965: Aluminium, blank)
Gepäckträger lackiert verchromt
Schutzbleche Stahl, lackiert Aluminium, poliert
Lackierung Uni-Lack Metallic-Lack, nach 1975 teilw. auch Uni-Lack

Änderungen während der Produktionszeit

Der Typ 35 105 wurde in den ersten drei Produktionsjahren mehrfach im Detail weiterentwickelt. Frühe Exemplare aus dem Zeitraum 1964/66 sind heute kaum noch zu finden, unterscheiden sich jedoch in mancher Hinsicht von den späteren. So besitzen frühe Fahrräder noch einen Kettenschutz aus Aluminium. Bereits im Verlauf des Jahres 1965 ging man zu einem verchromten Kettenschutz aus Stahlblech über. Zudem wurde in den ersten Produktionsmonaten ein Gepäckträger in "Schwedenform" verwendet. Noch 1964 erfolgte die Umstellung auf jene Gpäckträger, die am Stegrohr zwischen den Kettenstreben befestigt wurden. Spätestens ab Mitte 1966 waren diese dann verchromt statt in Rahmenfarbe lackiert. Ebenfalls bis spätestens Mitte 1966 hatte man auch die Form der Schutzbleche überarbeitet, sie besaßen nunmehr rot ausgelegte Sicken (bisher ohne Sicken, aber mit roter Linierung). Dank der Verwendung von Aluminiumschutzblechen und verchromten Anbauteilen wirkte die Luxus-Ausführung moderner und hochwertiger als das Modell 35 102. Anfang der 1970er Jahre wurden die breiten Felgen durch deutlich schmalere mit fünfflächigem Profil ersetzt. Etwa zur selben Zeit wurde der breite Gesundheitslenker durch eine schmalere, aber ähnlich geformte Ausführung mit Kunststoffmanschette ersetzt. Eine Angleichung an die Tourensporträder von Mifa fand 1973 statt, indem das Stegrohr zwischen den Kettenstreben durch eine einfachere Stegplatte ersetzt wurde. 1976 wurde die solide BSA-Ausführung des Keiltretlagers durch die Thompson-Ausführung ersetzt, die konstruktiv ein Rückschritt war. Da sich zu dieser Zeit auch die Material- und Fertigungsqualität allgemein verschlechterten, traten seither Störungen und vorzeitiger Verschleiß am Tretlager deutlich häufiger auf als früher.

Ende der 1970er Jahre fand eine größere Überarbeitung des Typs 35 105 statt, die vor allem Ausstattungsdetails betraf. So wurden ab 1978 Lenker mit neuentwickelter Form und ab 1979 filigranere Gepäckträger verwendet. Letztere stellten jedoch einen Rückschritt dar, da sie sich als wenig belastbar erwiesen. Auffällig ist zudem der Wechsel von der roten zur schwarzen Linierung der Schutzbleche. Typisch für die Exemplare der späten 1980er Jahre sind Tourensättel mit einer Satteldecke aus PUR-Schaumstoff anstelle der bisherigen Sportsättel mit Lederdecke. Diese waren fortan nur noch an der Luxusausführung mit Gangschaltung 35 109 zu finden. Eine weitere Vereinfachung stellten die Gabelhauben aus Kunststoff dar, die seit den frühen 1980er Jahren teilweise an den Tourensporträdern Verwendung fanden. 1988 wurde die Luftpumpenhalterung an das Unterrohr verlegt. Für die Funktionseinheit Kettenblatt - Kurbel - Tretlager (Getriebe) wurde bei den Tourensporträdern in der zweiten Hälfte der 1980er Jahre mitunter auf Erzeugnisse des westdeutschen Herstellers Thun zurückgegriffen.

1990 erfolgten zunächst einige Modifikationen im Detail, unter anderem wurden die Flügelmuttern durch Hutmuttern ersetzt. Eine wichtige Modifikation war wenig später der Übergang auf ein keilloses Tretlager mit Vierkant-Welle. Die offene Thompson-Bauweise wurde dagegen zunächst beibehalten. Wenig später erhielten die Fahrräder einen neuen Gepäckträger. Dabei handelte es sich um eine Neuentwicklung von Mifa, die erstmals am Modell 208 zum Einsatz kam und für die 1990 auch ein Patent erteilt wurde. Im weiteren Verlauf des Jahres 1990 wurde die Ausstattung erweitert, unter anderem gab es nun einen breiten Gesundheitslenker, einen verbesserten Kettenschutz und eine 3-Gang-Nabenschaltung. Unverändert blieben Gabel, Schutzbleche, Felgenbremse, Vorderradnabe und Dynamo. Am zunächst unveränderten Rahmen erfolgte der Übergang zu einer Pletscherplatte zwischen den Sitzstreben im Laufe des Jahres 1991. Aufgrund einer Neuausrichtung des Sortiments lief die Produktion der Diamant Tourensporträder trotz der zahlreichen Modifikationen noch 1991 aus.

Lackierung und Rahmendekor

Analog der einfacheren Ausführung besaß auch das Modell 35 105 eine Zweifarb-Lackierung, wobei der Bereich des Steuerkopfes weiß, der übrige Rahmen hingegen farbig gehalten war. Auch das Rahmendekor war identisch, es wurde im Verlauf des Jahres 1964 gleich zweimal überarbeitet und 1965 schließlich ein drittes mal. Anders als das Modell 35 102 war die hier beschriebene Ausführung zunächst metallic-farben lackiert. Ab Mitte der 1970er wurde die Farbpalette um verschiedene Uni-Lack-Töne erweitert. In diesem Erscheinungsbild wurden die Tourensporträder bis zur erwähnten Überarbeitung 1979 ausgeliefert. Fortan waren die Rahmen einfarbig und wieder stets metallic lackiert, und das Dekor änderte sich erneut. Markant war hierbei der Aufkleber am Sattelrohr mit dem Aufdruck "TS", was oft fälschlicherweise als Typenbezeichnung angesehen wird. 1986 wurde das Rahmendekor erneut überarbeitet (chromfarbene bzw. transparente Folien). Am Oberrohr befand sich nun ein Aufkleber mit dem Schriftzug "Toursport". 1988 wurde das Dekor erneut verändert, die wenig haltbaren Chromfolien wurden durch Aufkleber ersetzt. Ab 1988 wurden die Räder vermehrt auch wieder mit Uni-Lack ausgeliefert, mitunter in zweifarbiger Ausführung (belegt für die Baujahre 1989 und 1990). Details zu den bei Diamant verwendeten Rahmendekoren sind hier zu finden.

Galerie

Anlötteile am Rahmen

Verwendungszweck Bemerkungen
Halterung für Luftpumpe am Sattelrohr; ab 1988 am Unterrohr
Halterung für Dynamo am Hinterbau
Halterung für Kettenschutz

Technische Merkmale