Exportfahrräder: Unterschied zwischen den Versionen

Aus DDR-FahrradWiki
Zur Navigation springen Zur Suche springen
imported>Jeeves
imported>Jeeves
(kein Unterschied)

Version vom 23. Januar 2018, 21:54 Uhr

Überblick

Fahrräder aus DDR-Produktion wurden seit Ende der 1940er Jahre in zahlreiche Länder exportiert. Für den Export in den europäischen Markt (inklusive UdSSR) ist davon auszugehen, dass hauptsächlich solche Fahrräder geliefert wurden, die auch für den DDR-Binnenmarkt produziert wurden. Exportiert wurde sowohl in die sozialistischen Staaten des RGW-Raumes (Rat Gegenseitiger Wirtschaftshilfe) wie auch in das Nichtsozialistische Wirtschaftsgebiet (NSW). Aus den 1950er Jahren sind von den Herstellern Diamant, Möve, Mifa und Simson verschiedene Export-Modelle mit spezieller Bauart und Ausstattung (Rahmenform, Schutzbleche, Bremsen, Lackierung) bekannt. Diese Tourenfahrräder glichen den im Britischen Weltreich produzierten Fahrradtypen (Herrenfahrräder teilweise mit doppeltem Oberrohr, Damenräder mit weit heruntergezogenem Oberrohr, Gestängebremsen für Vorder- und Hinterrad) und zielten als sogenannte "englische" Fahrräder folglich auf den Überseemarkt (v.a. Afrika und Asien) ab.

Bis Ende der 1950er Jahre wurden Fahrräder "englischer" Bauart in zahlreichen Fahrrad-Katalogen der DDR aufgeführt. Im Zuge der Sortimentsbereinigung 1959/60 blieben von diesen Fahrradtypen, die bis dahin von Mifa, Möve und Diamant gleichermaßen und in sehr ähnlicher Ausführung produziert wurden, nur zwei "englische" Herrenfahrräder von Möve, davon eines mit doppeltem Oberrohr. Ein gemeinsamer Katalog von Diamant, Mifa und Möve aus dem Jahr 1959 ist der letzte bekannte Beleg für diese Exportfahrräder, deren Herstellung spätestens mit der Einstellung der Fahrradproduktion bei Möve im Herbst 1961 entfiel. Ausgehend von veröffentlichten Werbe-Anzeigen scheint seit Beginn der 1960er Jahren hauptsächlich der VEB Mifa-Werk Sangerhausen Fahrräder für das Ausland hergestellt zu haben. Entsprechende Anzeigen aus dem Zeitraum von 1964 bis 1966 sind v.a. in Bezugsquellennachweisen, Katalogen und Magazinen zu den Leipziger Messen zu finden ("Mifa Fahrräder in alle[r] Welt"). Abgesehen davon finden sich für die 1960er Jahre kaum noch offizielle Hinweise zum Export von DDR-Fahrrädern.

In den 1970er und 1980er Jahre war die Bundesrepublik Deutschland ein offenbar wichtiger Abnehmer für Fahrräder und Fahrrad-Komponenten (hauptsächlich Beleuchtungskomponenten vom VEB Fahrzeugelektrik Ruhla) aus der DDR. Aus offiziellen Quellen ist darüber jedoch noch wenig bekannt; die Erkenntnisse speisen sich bislang v.a. aus gesichteten Belegexemplaren und Hinweisen aus DDR-Prospekten der jeweiligen Hersteller. Aufgrund der mangelhaften Qualität und der technischen Rückständigkeit wurden Fahrräder und Komponenten aus DDR-Produktion zumindest in der BRD in den 1970er und 1980er Jahren nur im Niedrigpreissegment angeboten. Spätestens nach dem Beitritt der DDR zur Bundesrepublik Deutschland 1990 zeigte sich, dass der DDR-Fahrradbau bereits seit den 1970er Jahren technisch und qualitativ mit dem internationalen Niveau nicht schrittgehalten hatte.

Anhand schriftlicher Quellen lässt sich belegen, dass der Export der Fahradhersteller um 1960 sehr hoch war: Bei Mifa waren es 1960 51.000 Fahrräder - ein Drittel der Gesamtproduktion. Im Jahr 1961 wurden 40 Prozent aller Diamantfahrräder exportiert. Diese und weitere Informationen gehen aus der westdeutschen "Deutschen Mechaniker-Zeitung" hervor:

Der Export wie auch der Import von Fahrrädern und Fahrradteilen erfolgte vom Deutschen Außen- und Innenhandel, Bereich Transportmaschinen mit Sitz in Berlin, Mohrenstraße 61. Kinderfahrräder (und auch Dreiräder und Gokarts) aus dem VEB Kinderfahrzeuge Mühlhausen wurden in den 1980er Jahren vom Spielwaren und Sportartikel Export - Import mit Sitz in Berlin, Charlottenstraße 46 exportiert.

Export von Fahrrädern 1961 bis 1990

Die bis 1961 produzierten speziellen Export-Modelle der Hersteller Diamant, Mifa, Möve und Simson werden in den jeweiligen Artikeln ausführlich behandelt.

Bei den im folgenden vorgestellten Fahrrädern handelt sich um Modelle und Ausführungen, die im Wesentlichen mit jenen für den DDR-Markt identisch waren, in Details (Finish, Dekor, Ausstattung) jedoch eindeutig auf einen Export-Artikel hinweisen.

Über die Exportaktivitäten der Hersteller von Fahrrädern und Zubehörteilen in den 1960er bis 1980er Jahren ist nur wenig bekannt. Gesichert ist die Tatsache, dass keine ausschließlich für den Export bestimmten Fahrradmodelle von der DDR-Fahrradindustrie produziert wurden, sondern Binnenmarkt-Modelle nur modifiziert wurden. Wie bereits erwähnt, verblieb nach 1961 zunächst hauptsächlich Mifa als Hersteller von Fahrrädern für den Export. Es ist davon auszugehen, dass sich dieser Export hauptsächlich auf Westeuropa beschränkte und in die RGW-Staaten allenfalls in geringem Umfang stattfand. Ob es nach 1961 noch einen Export nach Übersee gab, ist nicht bekannt. Für den Zeitraum 1965/66 ist allerdings die Lieferung von insgesamt 6.000 Mifa-Fahrrädern in die Demokratische Republik Vietnam (Nordvietnam) belegt.

Für die 1960er Jahre ist für Fahrräder des VEB Mifa-Werk Sangerhausen auch die Marke Farosa belegt. Entsprechende Hinweise finden sich in einem Katalog von 1967 sowie auf einem Foto, das den Stand des Deutschen Außen- und Innenhandel Transportmaschinen auf der Internationalen Fahrrad- und Motorrad-Ausstellung (IFMA) 1967 in Köln zeigt. Hier wurden unter dem Namen Farosa Kinderfahrräder präsentiert. Es sind einige wenige Farosa-Klapp- und Kinderfahrräder bekannt. In welchem Umfang und für welchen Markt/Land Fahrräder unter diesem Markennamen produziert wurden, ist nicht bekannt.

Der vorliegenden Literatur zufolge wurde der Export von Diamant-Fahrrädern Ende der 1960er Jahre eingestellt. Der Export von Mifa-Fahrrädern entfiel spätestens 1974, wohl auch, um die Verfügbarkeit von Fahrrädern im Inland zu verbessern. Aufgrund der schwierigen Versorgungslage wurden 1970 und 1971 sogar Fahrräder aus der Volksrepublik Polen importiert.


Datei:Anzeige Importräder BZ 12-12-1971.jpg|miniatur|200px|Anzeige für Fahrräder aus der VR Polen, BERLINER ZEITUNG vom 12.12.1971. Datei:Anzeige IFA Vertrieb Import polnische Fahrräder 1971.jpg|Anzeige des VEB IFA-Vertrieb für Fahrräder aus der VR Polen, 1971. </gallery>

Die Fahrradproduktion von Diamant und Mifa stieg in den 1970er Jahren weiter an. Ab 1977 wurde der Export von Diamant-Fahrrädern, später auch von Mifa-Fahrrädern wieder aufgenommen. Zumindest für den Export in die BRD gibt es den Nachweis darüber anhand von Belegexemplaren. Schriftliche Belege, die auf den Export von Diamant-Fahrrädern schließen lassen, sind erst wieder ab Beginn der 1980er Jahre nachgewiesen (etwa in einem doppelseitigen, mehrsprachigen Werbeblatt für Diamant-Fahräder von 1982). Vor allem in den 1980er Jahren wurden Fahrräder aus DDR-Produktion in der BRD oft unter anderem Markennamen und teilweise auch mit geänderter Ausstattung angeboten, wobei die Herkunft des Fahrrades keine Erwähnung fand und sich lediglich anhand der Rahmenbauweise und der verwendeten Anbauteile (v.a. Beleuchtungskomponenten) nachweisen lässt.

Zeitzeugen berichten, dass DDR-Fahrräder mitunter in den Katalogen großer Versandhäuser wie Quelle oder Neckermann angeboten worden sein sollen. Eindeutige Belege waren dafür bisher noch nicht auffindbar; bekannt ist lediglich, dass DDR-Fahrräder in Quelle-Katalogen von 1982, 1983 und 1988 nicht angeboten wurden. Es wird eußerdem berichtet, dass DDR-Fahrräder in großen Kaufhäusern wie Karstadt angeboten worden sein sollen. Auch hier fehlen noch Nachweise darüber.

Export von Diamant-Fahrrädern in die BRD

Fahrräder von Diamant wurden seit den 1960er Jahren häufig unter dem Markennamen Diadem verkauft. Die assoziative Nähe zu Diamant ist dabei unverkennbar. Der Grund für diese Namensänderung ist unbekannt, möglich wäre eine Abgrenzung zur belgischen Fahrradmarke Diamant oder sonstige markenrechtliche Zwänge. Parallel zur Marke Diadem wurden Fahrräder des VEB Elite-Diamant jedoch auch weiterhin unter der bekannten Marke Diamant verkauft. Das Dekor dieser Fahrräder unterschied sich hingegen grundlegend von der DDR-Ausführung. Oft wurden Fahrräder mit dem Hinweis "Markenrad" gelabelt, ohne aber auf die Herkunft aus der DDR hinzuweisen. Auffällig ist, dass die Dekore der 1970er und 1980er Jahre jenen westdeutscher Fahrradmarken optisch stark glichen (Layout, Chromfolie als Trägermaterial); zumindest eine Dekor-Variante wurde nachweislich von der westdeutschen Firma Friedrich Bentlage KG (Bielefeld) hergestellt. Da das Design in kurzen Abständen (oft jährlich) geändert wurde und von den Dekorsätzen stets einige Exemplare übrig blieben, finden sich diese speziellen Schriftzüge heute häufig noch unbenutzt auf ihrem Trägerpapier. Nicht selten wurden diese "Restposten" auch für aufgearbeitete Rahmen in der DDR verwendet.

Die Ausstattung der Exportfahrräder entprach zumeist der DDR-Ausführung, bestand jedoch wahrscheinlich auch aus Komponenten westeuropäischen Ursprungs. Das betraf häufig Sattel, Lenker, Bereifung, Pedale und die Hinterradnabe (erweitert um eine Nabenschaltung). Nicht immer stammte die veränderte Ausstattung nur aus westeuropäischer Produktion - eine Fahrradklingel mit Christopherus-Motiv aus DDR-Produktion wurde offenbar ausschließlich an Exporträdern verwendet. Auch bei einigen anderen Teilen wie verscheidenen Fahrradsätteln gibt es Hinweise zu dieser Annahme. In den 1980er Jahren erfolgte die Lackierung der Fahrräder offenbar vorwiegend in silber-metallic, kombiniert mit sogenannten Gumwall-Reifen (mit orangefarbenen Flanken).

Diadem-Fahrräder sind bisher für die Jahre 1981, 1982 und 1991 belegt. Es handelt sich dabei stets um Abwandlungen der Modelle 35 105/160. Mit Diamant-Dekor in Exportausführung sind darüber hinaus auch die Modelle 35 104/162 belegt.

Galerie

Export von Mifa-Fahrrädern in die Bundesrepublik Deutschland

Fahrräder von Mifa wurden bis in die 1960er Jahre nur mit geringfügig abgewandelter Optik und Ausstattung hauptsächlich unter der Marke Mifa in der BRD verkauft. Ab den 1970ern sind Exportfahrräder unter dem Namen Mifa nicht mehr belegt. Schon damals aber wurden Mifa-Fahrräder wahrscheinlich auch unter anderen Markennamen vertrieben, einen Hinweis darauf stellt ein Brillant-Fahrrad dar, bei dem es sich offensichtlich um ein Mifa Modell 152 von 1968 handelte. Für die 1960er Jahre ist zudem ein Jugendrad Modell 305 mit dem Namen Siegfried belegt.

In den 1980ern wurden unter der westdeutschen Marke Schneider Fahrräder unterschiedlichen Ursprungs verkauft, darunter auch solche, bei denen es sich offensichtlich um Sporträder von Mifa handelte. Die Ausstattung wurde gegenüber den DDR-Modellen nur geringfügig geändert, so besaßen sie bespielsweise den Metall-Kettenschutz, der normalerweise an Mifa-Tourensporträdern verwendet wurde.

Lediglich die besser ausgestatteten Sportrad-Modelle mit 3- und 5-Gangschaltung von Favorit wurden unter der Marke Schneider angeboten. Bemerkenswert ist, dass diese Fahrräder offenbar ausschließlich in Silbermetallic lackiert wurden. Unter allen DDR-Exportfahrrädern der 1980er Jahre sind die Schneider-Modelle von Mifa am häufigsten anzutreffen. Ein anderer Name, unter dem sowohl Sport- als auch auch Tourensporträder von Mifa vertrieben wurden, war Exclusiv.

Auch Klappräder wurden zumindest seit Ende der 1960er Jahre exportiert, neben abgewandelten Mifa-Dekoren kam dabei offenbar auch der Markenname Everest zur Verwendung.

General-Impoerteur für Fahrräder von Mifa und aus dem VEB Fortschritt Mähdrescherwerk Bischofswerda/Singwitz, Betriebsteil Neukirch (Jugendfahrräder) in die BRD war seit 1982 der Iraner Unternehmer Mehdi Biria (ZEIT vom 24.7.1992).

Galerie

Export weiterer DDR-Fahrradproduzenten in die BRD

Neben Fahrrädern von Diamant und Mifa wurden in den 1980er Jahren auch 24"-Jugendrad-Modelle des VEB Fortschritt Mähdrescherwerk Bischofswerda/Singwitz, Betriebsteil Neukirch in die BRD exportiert, General-Importeur war hier seit 1982 der Iraner Unternehmer Mehdi Biria. Exportiert wurden jedoch vermutlich nur geringe Stückzahlen und in geringfügig geänderter Ausstattung/Finish. Die Jugendräder wurden offenbar unter dem Markennamen Twenter vermarktet, der ab 1990 auch für den DDR-Binnenmarkt übernommen wurde.