Aufgearbeitete Fahrräder: Unterschied zwischen den Versionen

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Schon wenige Jahre nach dem 2. Weltkrieg lief auf dem Gebiet der sowjetisch besetzten Zone (SBZ) bzw. der jungen DDR die Fahrradproduktion bei vielen, auch sehr kleinen Fahrradherstellern wieder an. Dennoch deckten die produzierten Stückzahlen bei weitem nicht den Bedarf. Zum einen konnte wegen der Planvorgaben nicht kurzfristig auf Marktwünsche nach bestimmten Modellen reagiert werden. Zum anderen  musste ein Teil der Produktion als Reparationsleistung exportiert werden. Auch waren die Preise nicht an das neue Lohnniveau angepasst. Ein Fahrrad war bis in die 60er Jahre hinein (im Verhältis zum Einkommen) sehr [[Preise|teuer]].
Schon bald nach dem 2. Weltkrieg lief auf dem Gebiet der Sowjetischen Besatzungszone (SBZ) bzw. der jungen DDR die Fahrradproduktion bei vielen, teils auch sehr kleinen Fahrradherstellern wieder an. Dennoch deckten die produzierten Stückzahlen bei weitem nicht den Bedarf. In den ersten Nachkriegsjahren hemmten die Folgen von Demontagen und der allgegenwärtige Materialmangel eine bedarfsgerechte Produktion. Zudem musste ein großer Teil der Gesamt-Produktion als Reparationsleistung an die Sowjetunion abgegeben werden. Vor der Währungsreform und der Einrichtung sogenannter Freier Läden durch die HO (staatliche Handelsorganisation) im Jahr 1948 waren Fahrräder in der SBZ nicht frei verkäuflich.
Auch wenn die [[Produktionszahlen]] ständig stiegen und der Bedarf aufgrund der Motorisierung in den 60er Jahren auch wieder leicht zurückging, waren Fahrräder, wie auch viele andere (Industrie-)Produkte, bis weit in die 60er Jahre hinein nicht überall problemlos und in voller Sortimentsbreite verfügbar.


Diesen Mangel spürten auch die Fahrradhändler, die ihrer Kundschaft mitunter keine (bezahlbaren) Fahrräder bieten konnten, obwohl das Fahrrad vor allem in den 50er Jahren noch eines der wichtigsten Verkehrsmittel war. Um dem zu begegnen, begannen sehr viele Händler und Werkstätten mit der Aufarbeitung älterer, gebrauchter Fahrradmodelle. Üblicherweise wurde deren Rahmen sowie die noch brauchbaren Anbauteile (Felgen, Schutzbleche und Gepäckträger) neu lackiert und dann mit meist neuen Fahrradteilen aufgebaut. Allerdings handhabte das beinahe jeder Betrieb anders, sodass auch Fahrräder ganz unterschiedlicher Qualität entstanden. Um den Fahrräder ein ansehnliches Erscheinungsbild zu geben, wurden sie zum Teil sehr aufwendig und in Handarbeit verziert, woraus sich häufig spezifische Stile aus Linierungen, Farbverläufen und Schriftzügen entwickelten. Nicht selten wurden auch markenspezifische Merkmale (Diamant-Strahlenkopf) nachgeahmt. Das ging soweit, dass sogar Diamant-Schriftzüge auf aufgearbeitete Fahrräder aufgebracht wurden. Im Chemnitzer Raum scheint es mehrere Firmen gegeben zu haben, die Fahrräder mit Diamant-Dekoren "veredelten". Möglicherweise wurden entsprechende Fahrräder auch in den Diamant-Werken selbst aufgearbeitet ("Feierabend-Arbeit"). Einige Werkstätten beschränken sich aber nicht nur auf die Neulackierung alter Rahmen, sondern bauten diese auch um. So sind zahlreiche Damenfahrräder bekannt, die mit einem umgelöteten Herrenrahmen aufgebaut wurden oder die durch neue Anlötteile auf den neuesten technischen Stand gebracht wurden. Diese Aufarbeitungen und Umbauten von Fahrrädern waren bis zum Ende der DDR üblich.
Später wurde über viele Jahre hinweg ein nicht unbeachtlicher Teil der Fahrradproduktion regulär in zahlreiche Länder exportiert und so der Binnennachfrage entzogen. Zudem konnte bei den staatlichen Fahrradproduzenten wegen der Planvorgaben nicht kurzfristig auf Marktwünsche nach bestimmten Modellen reagiert werden.  


Neben der Fertigung von Fahrrädern für den Verkauf ließen einige Kunden aber auch ihre eigenen gebrauchten Fahrräder bzw. Rahmen aufarbeiten, was vor allem bei den teuren Renn- und Sporträdern beliebt war.
Auch wenn die Produktionszahlen innherhalb kurzer Zeit nach Gründung der DDR im Jahr 1949 stark anstiegen (Höhepunkt bereits 1953 mit 767.603 Fahrrädern) und der Bedarf aufgrund der zunehmenden Motorisierung dann in den 1960er Jahren wieder leicht zurückging, waren Fahrräder, wie auch viele andere (Industrie-)Produkte, nicht überall problemlos und in voller Sortimentsbreite verfügbar. Zudem waren Fahrräder, ebenfalls bis in die 1960er Jahre hinein, im Verhältis zum Einkommen sehr [[Produktionszahlen und Preise|teuer]].  


Aufgrund der Vielzahl von Betrieben, die Fahrräder auf ganz unterschiedliche Art und Weise aufarbeiteten, ist es schwierig allgemeine Merkmale für diese Arbeiten zu beschreiben, doch lässt sich zusammenfassen, dass sie im Allgemeinen an fehlenden Markenschriftzügen erkennbar sind. Etliche Firmen, v. a. Fahrradgeschäfte verzierten die von ihnen aufgearbeiteten Räder aber auch mit eigenen Abziehbildern/Aufklebern (z.B. [[Fahrrad Linke]], [[Elsner]], [[Edelgard]] usf.). Ein weiterhin häufig sichtbares Merkmal aufgearbeiteter Fahrräder sind überlackierte Anbauteile, die vor der Lackierung nicht entfernt wurden. Beispiele hierfür sind Lagerschalen an [[Steuersatz]] und Innenlager, Steuerkopfschilder, [[Lenkerfeststeller]] und Sattelklemmbolzen.  
[[Datei:Ausstellung aufgearbeiteter Fahrräder Rudi Wilde.jpg|miniatur|350px|Ausstellung des Schlossermeisters Rudi Wilde, Treuen im Vogtland, als Werbung für Umbau und Aufarbeitung gebrauchter Fahrräder; 1950er Jahre.]]
Diesen Mangel spürten auch die Fahrradhändler, die ihrer Kundschaft mitunter keine (bezahlbaren) Fahrräder bieten konnten, obwohl das Fahrrad vor allem in den 1950er Jahren noch eines der wichtigsten Verkehrsmittel war. Deshalb begannen sehr viele Händler und Werkstätten mit der Aufarbeitung älterer, gebrauchter Fahrradmodelle. Üblicherweise wurde deren Rahmen sowie die noch brauchbaren Anbauteile (Felgen, Schutzbleche und Gepäckträger) neu lackiert und dann mit meist neuen Komponenten komplettiert. Allerdings handhabte das beinahe jeder Betrieb anders, sodass Fahrräder ganz unterschiedlicher Qualität entstanden.  


Heute sind die aufgearbeiteten Fahrräder neben den original erhaltenen auch besonders interessant, da sie die Verhältnisse ihrer Entstehungszeit widerspiegeln und zeigen welche Kunstfertigkeit in vielen Werkstätten jener Zeit noch vorhanden war.
Um diesen Fahrrädern ein ansehnliches Erscheinungsbild zu geben, wurden sie zum Teil sehr aufwendig und in Handarbeit verziert, woraus sich häufig spezifische Stile aus Linierungen, Farbverläufen und Schriftzügen entwickelten. Nicht selten wurden auch markenspezifische Merkmale (Diamant-Strahlenkopf) nachgeahmt. Das ging soweit, dass sogar Diamant-Schriftzüge auf aufgearbeitete Fahrräder aufgebracht wurden. Im Chemnitzer Raum scheint es mehrere Firmen gegeben zu haben, die Fahrräder mit Diamant-Dekoren "veredelten". Möglicherweise wurden entsprechende Fahrräder auch in den Diamant-Werken selbst aufgearbeitet ("Feierabend-Arbeit").
[[Datei:Rechnung Lackiererei Tempo Eisenach 1955.jpg|miniatur|350px|Rechnung der Firma "Tempo" Fahrrad- und Motorradlackiererei Eisenach für die Lackierung eines Fahrrades, 1955.]]


Einige Werkstätten beschränken sich aber nicht nur auf die Neulackierung alter Rahmen, sondern bauten diese auch um. So sind zahlreiche Damenfahrräder bekannt, die mit einem umgelöteten Herrenrahmen aufgebaut wurden oder die durch neue Anlötteile auf den neuesten technischen Stand gebracht wurden. Diese Aufarbeitungen und Umbauten von Fahrrädern waren bis zum Ende der DDR üblich.
Neben der Fertigung von Fahrrädern für den Verkauf ließen Kunden aber auch ihre eigenen gebrauchten Fahrräder bzw. Rahmen aufarbeiten, was vor allem bei den teuren Renn- und Sporträdern beliebt war.
Aufgrund der Vielzahl von Betrieben, die Fahrräder auf ganz unterschiedliche Art und Weise aufarbeiteten, ist es schwierig allgemeine Merkmale für diese Arbeiten zu beschreiben, doch lässt sich zusammenfassen, dass sie im Allgemeinen an fehlenden Markenschriftzügen erkennbar sind. Etliche Firmen, v. a. Fahrradgeschäfte verzierten die von ihnen aufgearbeiteten Räder aber auch mit eigenen Abziehbildern/Aufklebern (z.B. [[Linke]], [[Elsner]], [[Edelgard]] usf.). Ein weiterhin häufig sichtbares Merkmal aufgearbeiteter Fahrräder sind überlackierte Anbauteile, die vor der Lackierung nicht entfernt wurden. Beispiele hierfür sind Lagerschalen an [[Steuersätze|Steuersatz]] und [[Tretlager]], Steuerkopfschilder, [[Lenkerfeststeller]] und Sattelklemmbolzen. Die meisten aufgearbeiteten Fahrräder (oft auch deren Teile wie Felgen, Schutzbleche etc.) wurden vom aufarbeitenden Betrieb mit eingeschlagenen Zahlen gekennzeichnet, um die Teile nach der Lackierung wieder einander zuordnen zu können. Auch daran sind in der DDR aufgearbeitete Fahrräder zweifelsfrei zu erkennen.
Heute sind derart aufgearbeitete Fahrräder von besonderem Interesse, da sie die wirtschaftlichen Verhältnisse und den Zeitgeschmack ihrer Entstehungszeit widerspiegeln. Sie belegen auch die damaligen technischen und künstlerischen Fertigkeiten in vielen Werkstätten.


==Firmen, die Fahrräder professionell aufarbeiteten==
==Firmen, die Fahrräder professionell aufarbeiteten==
Unter anderem:
Unter anderem:
*Spritzlackierei [[Bressler]] (Chemnitz)
*Einbrennlackierungen G. Albrecht, Leipzig
*[[Edelgard]] (Frankfurt/Oder)
*Spritzlackierei [[Bressler]], Chemnitz/Karl-Marx-Stadt
*[[Elsner]] (Zeuten)
*[[Edelgard]], Frankfurt/Oder
*[[Fahrrad Linke]] (Berlin Prenzlauer Berg)
*[[Elsner]], Zeuten
*Lackiererei [[Lindenkreuz]] (Dresden Friedrichstadt)
*[[Linke]], Berlin Prenzlauer Berg
*[[Lukas]] (Berlin Prenzlauer Berg)
*Fahrrad Wolf (Chemnitz)
*[[Niemann]] (Zerbst)
*Lackiererei Arno Hirsch, Karl-Marx-Stadt
*[[Phänomen]] (Zittau)
*[[Karl Kunz]] (Neuruppin)
*[[Preisser]] (Leipzig)
*Lackiererei [[Lindenkreuz]], Dresden Friedrichstadt
*[[Urania]] (Cottbus)
*[[Lukas]], Berlin Prenzlauer Berg
*[[Willi Bode]] (Sömmerda)
*[[Mänz]], Ilsenburg i. Harz
*[[RBL]] (Limbach-Oberfrohna)
*[[Niemann]], Zerbst
*Mechanikermeister [[Otto Blumentritt]], Leuna
*[[Phänomen]], Zittau
*[[Preisser]], Leipzig
*[[RBL]], Limbach-Oberfrohna
*[[Urania]], Cottbus
*[[Willi Bode]], Sömmerda
*Gerhard Löscher
*Schlossermeister Rudi Wilde, Treuen im Vogtland
*Mechanikermeister Emil Wodnitzki, Leipzig
*Michaelis, Freiberg/Sa.
*"Tempo" Fahrrad- und Motorradlackiererei Eisenach
 
==Beispiele aufgearbeiteter Fahrräder==
<gallery widths="220" heights="220" perrow="4">
 
Datei:Diamant30erNeuLackiert-1.jpg|Diamant-Fahrrad aus den 1930er Jahren, vrmtl. Mitte der 1950er Jahre neu lackiert.
 
Datei:Diamant30erNeuLackiert-2.jpg|Gut erkennbar ist der [[Strahlenkopf]], der das bekannte Diamant-Dekor imitierte.
 
Datei:Diamant30erNeuLackiert-3.jpg|Die Neulackierung stammt von der Lackiererei Arno Hirsch aus Karl-Marx-Stadt
 
Datei:Bressler-Lackierung.jpg|Von [[Bressler]] im Diamant-Stil neulackiertes Vorkriegsfahrrad mit [[Strahlenkopf]] und Diamant-Abziehbildern.
 
Datei:Diamant-Modell-67-EDS-50er.jpg|In den 1950er Jahren aufgearbeitetes [[Diamant Modell 67]]; Farbwahl und [[Strahlenkopf]] entsprechen dem originalen Diamant-Stil Mitte der 50er Jahre, unterstützt wird das durch Verwendung originaler Abziehbilder; zahlreiche bekannte Exemplare (auch markenfremde Fahrräder) mit [[Datierung Diamant Fahrräder#Datierung mit Hilfe des Steuerkopfschildes|Original-Diamant-Steuerkopfschildern]] und ''EDS''-Schildern (''EDS'' = Elite Diamant Sigmar-Schönau war vor 1945 eine preiswerte Marke der Elite-Diamant-Werke).
 
Datei:Diamant-Modell-68-aufgearbeitet-a.jpg|Aufwendig von von der Firma Fahrrad Wolf umgebautes Diamant Modell 68: der 26"-Herrenrahmen wurde zum Damenrahmen umgelötet und anschließend als 28"-Sportrad im Stil eines [[Diamant Modell 109|Mod. 109]] wieder aufgebaut. Einigen Anbauteilen nach zu urteilen, wird die Aufarbeitung etwa Mitte der 1950er Jahre stattgefunden haben.
 
Datei:Diamant-Modell-68-aufgearbeitet-b.jpg|Problematisch war die vorn liegende Sattelklemmung der Diamant Vorkriegs-Sportmodelle; unten: zwischen Sitz- und Oberrohr wurde eine zweiteilige Muffe eingelötet und verputzt
 
Datei:Mifa-1940-aufgearbeitet-1.jpg|Aufwendig umgebautes Vorkriegs-Sportradmodell von [[Mifa]]: der 26"-Herrenrahmen wurde zum Damenrahmen umgelötet und anschließend mit Hammerschlaglack und Handlinierungen versehen. Die erste Ausstattung bestand vor allem aus Rennradteilen (u.a. [[Schlauchreifen]]), wurde aber anschließend immer weiter modernisiert.
 
Datei:Mifa-1940-aufgearbeitet-2.jpg|Im Detail: das Oberrohr wurde mit den Muffen abgetrennt und anschließend gedreht wieder eingesetzt; an den Nahtstellen ist noch das nicht vollständig verputzte Lot unterm Lack erkennbar
 
Datei:Diamant-Modell-167-1955-aufgearbeitet.jpg| Nach 1956 aufgearbeitetes [[Diamant Modell 167|Modell 167]]; zahlreiche vergleichbare Exemplare aus dem Raum Chemnitz bekannt; markant sind vor allem der verchromte Hinterbau mit kleinen geprägten Kennziffern an den [[Gabelenden#Ausfallenden|Ausfallenden]], sowie die glanzverchromten Gabelscheiden.
 
Datei:Diamant-Modell-67-167-aufgearbeitet.jpg|Aufarbeitung mit eindeutigem Bezug zu den Diamant-Rennrädern der späten 1950er Jahre. Basis ist ein [[Diamant Modell 67|Mod.-67-Rahmen]], der mit einer [[Rundscheidengabel]] vom [[Diamant Modell 167|Modell 167]] modernisiert wurde. (beide Teile vermutlich Ende der 1950er neulackiert und mit zeittypischem [[Datierung Diamant Fahrräder#Datierung mit Hilfe des Rahmendekors|Dekor]] versehen)
 
Datei:BrandenburgNeuLackiert.jpg|Fahrrad der Marke [[Fahrradwerk Crinitz N/L|Brandenburg]], lackiert von der Lackiererei [[Lindenkreuz]]. Charakteristisch sind der blaue Metallic-Lack, die weiße Kastenlinierung, das silberne Ringdekor am Sitzrohr sowie der orange eingefasste [[Strahlenkopf]] mit silbernem Farbverlauf. Die Lackiererei [[Lindenkreuz]] lackierte viele Fahrräder in diesem Stil.
 
Datei:Diamant Rahmen Lindenkreuz.jpg|Bei diesem ebenfalls von [[Lindenkreuz]] aufgearbeiteten [[Diamant]]-Tourensportrahmen findet sich das gleiche Dekor wie bei vorstehendem Rad. Es gibt aber auch verschiedene andere Varianten. Die Firma hatte demnach mehrere Lackierungsschemen, aus denen der Kunde wählen konnte.
 
Datei:W.Linke-Rahmen-60er-Jahre.JPG|[[Diamant]] Rennrad-Rahmen ([[Diamant Modell 35 701|Modell 35 701]]) aufgearbeitet von [[Linke]]. Markant ist neben dem handgemalten ''Diamant''-Schriftzug vor allem die dezente Linierung mit aufwendig geschwungenen Linien. Es sind verschiedene Stile bekannt, teilweise auch mit [[:Datei:W-Linke-Steuerkopfschild.jpg|eigenem Steuerkopfschild]].
 
Datei:Diamant1962NeuLackiert.jpg|Diamant-Sportrad von 1962, in den 1970er oder 1980er Jahren vrmtl. von [[Linke]] neu lackiert und liniert.
 
Datei:Urania aufgearbeitet B.jpg|Von [[Urania]] Anfang/Mitte der 1950er Jahre professionell aufgearbeitetes Fahrrad. Es handelt sich offensichtlich um ein Vorkriegsrad, die Vorderradgabel stammt von [[Simson]]. Das Fahrrad hatte vor der Aufarbeitung offensichtlich einen Unfall (leicht gestauchtes Oberrohr hinter der Steuerkopfmuffe). Es wurde die Gabel ersetzt und...
Datei:Urania aufgearbeitet C.jpg|... auch eine Reparatur am hinteren Schutzblech durchgeführt.
Datei:Urania aufgearbeitet D.jpg|Strahlenkopf mit aufwendiger Linierung. Am Steuerkopf ist noch die Form des Urania-Abziehbildes zu erkennen.
 
Datei:Diamant Modell 66 aufgearbeitet G. Albrecht A.JPG|Diamant Modell 66, aufgearbeitet von der Firma G. Albrecht, Leipzig.
Datei:Diamant Modell 66 aufgearbeitet G. Albrecht B.JPG|Detail des Dekors (Firmenaufkleber).


Datei:Diamant ED 1953 aufgearbeitet Michaelis Freiberg A.jpg|Diament Modell EH, Baujahr 1953, in den 1950er oder 60er Jahren von der Firma Michaelis in Freiberg/Sa. neu lackiert.


==Beispiele aufgearbeiteter Fahrräder==
Datei:Diamant ED 1953 aufgearbeitet Michaelis Freiberg B.jpg|Vorstehendes Fahrrad - Details des Spritzdekors an Sattelrohr und Steuerkopf. Das Steuerkopfschild wurde hier nicht, wie bei vielen Werkstätten zumeist üblich, überlackiert, sondern vor der Lackierung entfernt und anschließend mit neuen Nieten (aus Aluminium) wieder befestigt.
<gallery widths="300" heights="300" perrow="3">
Datei:BrandenburgNeuLackiert.jpg|[[Brandenburg]]-Fahrrad, lackiert von der Lackiererei Lindenkreuz. Charakteristisch sind der blaue Metallic-Lack, die weiße Kastenlinierung, das silberne Ringdekor am Sitzrohr sowie der orange eingefasste [[Strahlenkopf]] mit silbernem Farbverlauf. Die Lackiererei Lindenkreuz lackierte viele Fahrräder in diesem Stil.
Datei:Diamant Rahmen Lindenkreuz.jpg|Bei diesem ebenfalls von Lindenkreuz aufgearbeiteten [[Diamant]]-Tourensportrahmen findet sich das gleiche Dekor wie bei nebenstehendem Rad. Es gibt aber auch verschiedene andere Varianten. Die Firma hatte demnach mehrere Lackierungsschemen, aus denen der Kunde wählen konnte.
Datei:Mifa1949NeuLackiert.jpg|Mifa von 1949, vrmtl. in den 60er Jahren neu lackiert. Lackierung sehr schlecht ausgeführt - möglicherweise auch eine private Arbeit.
Datei:Diamant1962NeuLackiert.jpg|Diamant-Sportrad von 1962, in den 70er oder 80er Jahren neu lackiert und liniert.
Datei:Diamant30erNeuLackiert-1.jpg|Diamant-Fahrrad aus den 30er Jahren, vrmtl. Anfang der 50er Jahre neu lackiert.
Datei:Diamant30erNeuLackiert-2.jpg|Gut erkennbar ist der [[Strahlenkopf]], der das bekannte Diamant-Dekor immitierte.
Datei:Diamant30erNeuLackiert-3.jpg|Leider ist die Firma, die dieses Fahrrad aufarbeitete nicht mehr zu erkennen.
Datei:W.Linke-Rahmen-60er-Jahre.JPG|[[Diamant]] Rennrad-Rahmen ([[Diamant Modell 35 701|Modell 35 701]]) aufgearbeitet von [[Fahrrad Linke]]. Markant ist neben dem handgemalten ''Diamant''-Schriftzug vor allem die dezente Linierung mit aufwendig geschwungenen Linien. Verschiedene Stile bekannt; teilweise auch mit eigenem Steuerkopfschild.
</gallery>


Datei:Diamant ED 1953 aufgearbeitet Michaelis Freiberg C.jpg|Vorstehendes Fahrrad - Abziebilder auf Steuerkopfmuffe und Oberohr.


Datei:Diamant ED 1953 aufgearbeitet Michaelis Freiberg D.jpg|Vorstehendes Fahrrad - Detail der Schutzblechlinierung und Abziehbild am hinteren Schutzblech.


Datei:MifaS1 Damenrad Umbau.JPG|Ein [[Mifa Modell S 1]] von 1949, das vermutlich in der zweiten Hälfte der 1970er Jahre zu einem Damenrad umgebaut wurde.
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[[Kategorie:Wissenswertes]] [[Kategorie:Modelle]]
[[Kategorie:Wissenswertes]] [[Kategorie:Fahrradmarken & Modelle]]

Aktuelle Version vom 17. Januar 2023, 21:13 Uhr

Schon bald nach dem 2. Weltkrieg lief auf dem Gebiet der Sowjetischen Besatzungszone (SBZ) bzw. der jungen DDR die Fahrradproduktion bei vielen, teils auch sehr kleinen Fahrradherstellern wieder an. Dennoch deckten die produzierten Stückzahlen bei weitem nicht den Bedarf. In den ersten Nachkriegsjahren hemmten die Folgen von Demontagen und der allgegenwärtige Materialmangel eine bedarfsgerechte Produktion. Zudem musste ein großer Teil der Gesamt-Produktion als Reparationsleistung an die Sowjetunion abgegeben werden. Vor der Währungsreform und der Einrichtung sogenannter Freier Läden durch die HO (staatliche Handelsorganisation) im Jahr 1948 waren Fahrräder in der SBZ nicht frei verkäuflich.

Später wurde über viele Jahre hinweg ein nicht unbeachtlicher Teil der Fahrradproduktion regulär in zahlreiche Länder exportiert und so der Binnennachfrage entzogen. Zudem konnte bei den staatlichen Fahrradproduzenten wegen der Planvorgaben nicht kurzfristig auf Marktwünsche nach bestimmten Modellen reagiert werden.

Auch wenn die Produktionszahlen innherhalb kurzer Zeit nach Gründung der DDR im Jahr 1949 stark anstiegen (Höhepunkt bereits 1953 mit 767.603 Fahrrädern) und der Bedarf aufgrund der zunehmenden Motorisierung dann in den 1960er Jahren wieder leicht zurückging, waren Fahrräder, wie auch viele andere (Industrie-)Produkte, nicht überall problemlos und in voller Sortimentsbreite verfügbar. Zudem waren Fahrräder, ebenfalls bis in die 1960er Jahre hinein, im Verhältis zum Einkommen sehr teuer.

Ausstellung des Schlossermeisters Rudi Wilde, Treuen im Vogtland, als Werbung für Umbau und Aufarbeitung gebrauchter Fahrräder; 1950er Jahre.

Diesen Mangel spürten auch die Fahrradhändler, die ihrer Kundschaft mitunter keine (bezahlbaren) Fahrräder bieten konnten, obwohl das Fahrrad vor allem in den 1950er Jahren noch eines der wichtigsten Verkehrsmittel war. Deshalb begannen sehr viele Händler und Werkstätten mit der Aufarbeitung älterer, gebrauchter Fahrradmodelle. Üblicherweise wurde deren Rahmen sowie die noch brauchbaren Anbauteile (Felgen, Schutzbleche und Gepäckträger) neu lackiert und dann mit meist neuen Komponenten komplettiert. Allerdings handhabte das beinahe jeder Betrieb anders, sodass Fahrräder ganz unterschiedlicher Qualität entstanden.

Um diesen Fahrrädern ein ansehnliches Erscheinungsbild zu geben, wurden sie zum Teil sehr aufwendig und in Handarbeit verziert, woraus sich häufig spezifische Stile aus Linierungen, Farbverläufen und Schriftzügen entwickelten. Nicht selten wurden auch markenspezifische Merkmale (Diamant-Strahlenkopf) nachgeahmt. Das ging soweit, dass sogar Diamant-Schriftzüge auf aufgearbeitete Fahrräder aufgebracht wurden. Im Chemnitzer Raum scheint es mehrere Firmen gegeben zu haben, die Fahrräder mit Diamant-Dekoren "veredelten". Möglicherweise wurden entsprechende Fahrräder auch in den Diamant-Werken selbst aufgearbeitet ("Feierabend-Arbeit").

Rechnung der Firma "Tempo" Fahrrad- und Motorradlackiererei Eisenach für die Lackierung eines Fahrrades, 1955.

Einige Werkstätten beschränken sich aber nicht nur auf die Neulackierung alter Rahmen, sondern bauten diese auch um. So sind zahlreiche Damenfahrräder bekannt, die mit einem umgelöteten Herrenrahmen aufgebaut wurden oder die durch neue Anlötteile auf den neuesten technischen Stand gebracht wurden. Diese Aufarbeitungen und Umbauten von Fahrrädern waren bis zum Ende der DDR üblich.

Neben der Fertigung von Fahrrädern für den Verkauf ließen Kunden aber auch ihre eigenen gebrauchten Fahrräder bzw. Rahmen aufarbeiten, was vor allem bei den teuren Renn- und Sporträdern beliebt war.

Aufgrund der Vielzahl von Betrieben, die Fahrräder auf ganz unterschiedliche Art und Weise aufarbeiteten, ist es schwierig allgemeine Merkmale für diese Arbeiten zu beschreiben, doch lässt sich zusammenfassen, dass sie im Allgemeinen an fehlenden Markenschriftzügen erkennbar sind. Etliche Firmen, v. a. Fahrradgeschäfte verzierten die von ihnen aufgearbeiteten Räder aber auch mit eigenen Abziehbildern/Aufklebern (z.B. Linke, Elsner, Edelgard usf.). Ein weiterhin häufig sichtbares Merkmal aufgearbeiteter Fahrräder sind überlackierte Anbauteile, die vor der Lackierung nicht entfernt wurden. Beispiele hierfür sind Lagerschalen an Steuersatz und Tretlager, Steuerkopfschilder, Lenkerfeststeller und Sattelklemmbolzen. Die meisten aufgearbeiteten Fahrräder (oft auch deren Teile wie Felgen, Schutzbleche etc.) wurden vom aufarbeitenden Betrieb mit eingeschlagenen Zahlen gekennzeichnet, um die Teile nach der Lackierung wieder einander zuordnen zu können. Auch daran sind in der DDR aufgearbeitete Fahrräder zweifelsfrei zu erkennen.

Heute sind derart aufgearbeitete Fahrräder von besonderem Interesse, da sie die wirtschaftlichen Verhältnisse und den Zeitgeschmack ihrer Entstehungszeit widerspiegeln. Sie belegen auch die damaligen technischen und künstlerischen Fertigkeiten in vielen Werkstätten.

Firmen, die Fahrräder professionell aufarbeiteten

Unter anderem:

  • Einbrennlackierungen G. Albrecht, Leipzig
  • Spritzlackierei Bressler, Chemnitz/Karl-Marx-Stadt
  • Edelgard, Frankfurt/Oder
  • Elsner, Zeuten
  • Linke, Berlin Prenzlauer Berg
  • Fahrrad Wolf (Chemnitz)
  • Lackiererei Arno Hirsch, Karl-Marx-Stadt
  • Karl Kunz (Neuruppin)
  • Lackiererei Lindenkreuz, Dresden Friedrichstadt
  • Lukas, Berlin Prenzlauer Berg
  • Mänz, Ilsenburg i. Harz
  • Niemann, Zerbst
  • Mechanikermeister Otto Blumentritt, Leuna
  • Phänomen, Zittau
  • Preisser, Leipzig
  • RBL, Limbach-Oberfrohna
  • Urania, Cottbus
  • Willi Bode, Sömmerda
  • Gerhard Löscher
  • Schlossermeister Rudi Wilde, Treuen im Vogtland
  • Mechanikermeister Emil Wodnitzki, Leipzig
  • Michaelis, Freiberg/Sa.
  • "Tempo" Fahrrad- und Motorradlackiererei Eisenach

Beispiele aufgearbeiteter Fahrräder