Mifa Modell 152

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Einordnung in die Modellpalette

Unter der Bezeichnung Modell 152 hatte Mifa ab etwa 1959 ein 28"-Tourenrad in Damenausführung im Sortiment. Es besaß einen "Schwanenhalsrahmen". Bereits um 1950 hatte Mifa mit dem Typ S 2 ein Modell mit dieser Rahmenform im Programm. Als Modell 153 gab es neben Modell 152 eine weitere Damenausführung, jedoch mit anderer Rahmenform. Die entsprechende Herrenausführung trug die Modellnummer 101. Die Modelle 152 und 101 wurden noch bis 1979 hergestellt, seit Anfang der 1970er Jahre jedoch nur noch in vergleichsweise geringer Stückzahl. Zweck der beibehaltenen Produktion war offensichtlich das Ausfüllen der damals bestehenden Angebotslücke für 28"-Touren(-sport)räder. Für Modell 152 ist auch ein Export in die Bundesrepublik belegt, die Exportfahrräder wiesen eine geänderte Ausstattung auf.

Rahmen und Ausstattung

Das Modell 152 besaß einen klassischen Tourenrahmen mit gekröpftem Hinterbau (offen ausgeführt) sowie einfachen Gabelenden. Ober- und Unterrohr waren gebogen ausgeführt und mit zwei Stegrohren verbunden. Neu bei diesem Modell waren die zusätzlichen Anlötteile zur Befestigung der Luftpumpe, des Dynamos und später auch des Kettenschutzes. Die Halterung für den Dynamo befand sich an der Vorderradgabel, die Luftpumpenhalterung am Sattelrohr. Die Rahmenhöhe betrug 56 cm.
Neben einem Glockentretlager gehörten Stahlfelgen und Stahlschutzbleche zur Ausstattung. Felgen und Schutzbleche waren in Rahmenfarbe lackiert und weiß bzw. passend zur Farbe der Einfassungslinie des Strahlenkopfes liniert. Tourenlenker, Stempelbremse mit Gestänge, Kettenschutz, Tourensattel sowie ein Kleidernetz waren weitere Erkennungsmerkmale. 1972 kostete das Tourenrad 216 bis 222,- M.

Änderungen während der Produktionszeit

Abweichend von der regulären Ausstattung mit einem Tourenlenker wurden einige Exemplare auch mit einem Sportlenker versehen (bislang belegt für das Baujahr 1962). Spätestens 1964 wurde die Form der Luftpumpenhalterung verändert: Zunächst waren die Haltespitzen flach ausgeführt, wechselten dann aber zu einer runden Form. Schon während der ersten Hälfte der 1960er Jahre wurden teilweise auch graue Stahlfelgen verwendet, für den Zeitraum ab der zweiten Hälfte der 1960er Jahre sind zudem Fahrräder bekannt, die darüber hinaus auch über graue Stahlschutzbleche (passend zur Rahmenfarbe rot, blau oder grün liniert) verfügen. Die grauen Schutzbleche scheint es aber immer nur in Kombination mit den grauen Felgen gegeben zu haben. Späte Exemplare des Modells 152 aus der Zeit nach 1970 besaßen dann bereits eine Stempelbremse mit Bowdenzug. Vermutlich zeitgleich mit den Tourensporträdern ersetzte Mifa 1972 oder 1973 bei den Tourenrädern das Steuerkopfschild durch ein einfacheres Schiebebild. Eine Angleichung an andere Fahrradtypen von Mifa stellte die im Zeitraum 1973/74 vollzogene Überarbeitung der Verbindung zwischen den Kettenstreben dar: Statt des bisherigen u-förmigen Profils wurde nun eine Platte eingesetzt, die bereits bei den Tourensport- und Klapprädern Verwendung fand. Fahrräder ab dem Baujahr 1978 wurden mit dem neuentwickelten und von den Mifa-Tourensporträdern bekannten Lenker ausgestattet. Kurz vor der endgültigen Einstellung der Produktion 1979 wurde noch der neue, filigrane Gepäckträger angebaut. Dessen Halterungen unterschieden sich jedoch deutlich vom herkömmlichen Modell, um eine Befestigung an diesem klassischen Tourenrahmen zu ermöglichen.

Lackierung und Rahmendekor

Für den Zeitraum bis 1964 sind Uni-Lackierungen sowie (sehr selten) Hammerschlag-Lackierungen bekannt (jeweils mit Strahlenkopf). Ab 1964 wurden die Fahrräder dann zweifarbig lackiert (im Bereich des Steuerkopfes weiß, der übrige Rahmen farbig). Bekannt sind bislang die Farbvarianten grün, blau, schwarz, rot. Im Laufe der 1970er Jahre wurden auch teilweise die seinerzeit üblichen Farben verwendet, etwa um 1974 olivgrün oder in den späten 1970ern saftgrün. Die Mehrzahl dieser späten Exemplare wurde jedoch schwarz lackiert. Die Schutzbleche, der Gepäckträger und die Felgen wurden in der Regel in Rahmenfarbe lackiert, vor allem aus den 1970er Jahren sind jedoch auch Exemplare bekannt, bei denen diese Teile teilweise oder auch einheitlich grau lackiert sind.

Das Rahmendekor wurde der Zeit entsprechend überarbeitet. Einige Fahrräder des Baujahres 1964 besitzen am Unterrohr ein seltenes Dekor mit "Olympia"-Ringen. Ob es sich dabei um ein reguläres Dekor oder um Sonderausführungen handelt, ist unklar. In den Jahren 1966 und 1971 wurde es wiederum verändert. Ab 1975 zierten einfache Chromfolienaufkleber den Rahmen. Weitere Details über die bei Mifa verwendeten Rahmendekore sind hier zu finden.

Ein Kuriosum stellen jene Tourenräder dar, die zwar mit "Möve"-Schriftzügen und "Möve"-Steuerkopfschildern ausgestattet sind, gleichzeitig aber Mifa-spezifische Lackierungen und Dekore haben (Zeitraum vrmtl. 1961/62). In der Tat handelt es sich um Erzeugnisse von Mifa, erkennbar vor allem an den zusätzlichen Anlötteilen, welche das bis 1961 bei Möve produzierte Tourenrad Typ 35 101 nicht besaß. Auch anhand der Rahmennummern können sie gut als Erzeugnisse des VEB Mifa-Werk Sangerhausen identifiziert werden. Eine denkbare Erklärung für diese "Zwitter" ist, dass die Fahrräder mit verbliebenen Restbeständen des Dekors vom VEB Möve-Werk versehen wurden, nachdem die Sparte "Fahrradfertigung" in Mühlhausen 1961 aufgelöst und an Mifa übertragen wurde.

Hintergrundwissen zur Produktionseinstellung

1971 reduzierte Mifa die Zahl der produzierten 28"-Tourenräder gegenüber dem Vorjahr deutlich (1970: 70.340 Stück, 1971: 29.900 Stück). Für 1972 sah der Plan nur noch 3.240 28"-Tourenräder vor, für 1973 dann deren vollständige Produktionseinstellung. Offenbar wollte der VEB Mifa durch den Wegfall der im Verkauf preiswerten 28"-Tourenräder und die erhöhte Produktion von besser ausgestatteten und damit teureren 26"-Tourensporträder die vorgeschriebenen Planauflagen (Wert der Warenproduktion und Gewinn) erfüllen. Damit verstieß man jedoch gegen die politischen Beschlüsse zur Preisstabilität, die auch die Bereitstellung von Produkten der unteren Preisgruppen (hier in Form der einfachen 28"-Tourenräder) vorsah. Die "Arbeiter- und Bauerninspektion" (eine Kontrollinstitution, die dem Zentralkomitee der SED und dem Ministerrat der DDR unterstellt war und die Erfüllung der Partei- und Regierungsbeschlüsse sichern sollte) untersuchte den Fall. Durch den Generaldirektor der VVB Automobilbau, Winfried Sonntag, wurde schließlich entschieden, dass ab Mai 1972 an Stelle der 28"-Tourenräder 26"-Tourenräder produziert werden sollten. Die 26"-Räder sollten die gleichen Preise wie die 28"-Räder und die gleichen, z.T. auch besseren "Gebrauchswerteigenschaften" aufweisen. Für 1972 war nur noch die Produktion von 2.240 Stück 28"-Tourenrädern und bereits von 17.000 Stück 26"-Tourenrädern vorgesehen.

In diesem Zusammenhang wurden die 28"-Tourenräder durch die 26"-Typen 107 und 159 ersetzt. In einem Mifa-Katalog des Jahres 1971 tauchten die 28"-Tourenräder letztmalig auf. Auch in internen Produktionsunterlagen von ca. 1975 findet sich kein Hinweis auf die Produktion des Modells 152 oder 101, sie werden im Produktionsplan nicht erwähnt. Tatsächlich muss die Fertigung jedoch fortgesetzt worden sein. Belegexemplare der Modelle 101 und 152 sind bis zum Jahr 1979 hin bekannt. Sie sind jedoch erheblich seltener als damalige 26"-Tourensporträder, was auf eher geringe Stückzahlen schließen lässt. Offensichtlich war man intern bemüht, eine bestehende Angebotslücke zu füllen, da zu dieser Zeit keine 28"-Touren(-sport)räder erhältlich waren. Sehr ungewöhnlich ist jedoch, dass diese langjährige Fortsetzung der Produktion inoffiziell erfolgte. Über die Gründe ist nichts bekannt. Die Angebotslücke wurde schließlich 1979/80 durch Einführung der 28"-Tourensportradmodelle 104 und 162 geschlossen, was den Belegexemplaren nach die endgültige Einstellung der Produktion der "klassischen" 28"-Tourenräder zufolge hatte. Das derzeit jüngste bekannt gewordene Exemplar hat die Rahmennummer 4 240 969 und besitzt bereits das überarbeitete Chromfolien-Dekor mit schwarzer Schrift.

Bei den Fahrrädern ab Mitte der 1970er Jahre zeigen sich auch Ausstattungsunterschiede hinsichtlich des Gepäckträgers, der Schutzbleche und teilweise auch der Felgen: Hier wurde zuweilen auf neutrale (z.B. Aluminiumschutzbleche) anstelle in Rahmenfarbe oder grau lackierter Anbauteile zurückgegriffen.

Galerie

Anlötteile am Rahmen

Verwendungszweck Bemerkungen
Halterung für Luftpumpe am Sattelrohr
Halterung für Dynamo an der Vorderradgabel
Halterung für Kettenschutz an Sattel- und Unterrohr

Technische Merkmale