Mifa: Unterschied zwischen den Versionen

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Die MIFA (Mitteldeutsche Fahrradwerke) ist ein in Sangerhausen (Sachsen-Anhalt) ansässiger Fahrradhersteller und zählt zu den ältesten, heute noch aktiven Unternehmen der Branche.
[[Datei:MifaLogo.jpg|miniatur|120px|<center>'''Mifa-Logo'''</center>]]
*bis 1945 ''Mifa '''Mi'''tteldeutsche '''Fa'''hrradwerke GmbH, Sangerhausen''
*1945/1946 ''Betriebsgesellschaft MIFA - Mitteldeutsche Fahrradwerke''
*ab 1. August 1946 ''[[Awtowelo|SAG "AWTOWELO"]] Mifa Mitteldeutsche Fahrradwerke, Sangerhausen''
*ab 1. Juni 1950 ''VEB Mifa-Werk Sangerhausen [[IFA|VVB IFA]], Sangerhausen (Sachs), Kyselhäuser Straße 23''
*ab 1953 ''VEB Mifa-Werk Sangerhausen, Sangerhausen (Sachs), Kyselhäuser Straße 23''
*ab 1969 ''IFA Kombinat, VEB Fahrzeug- und Jagdwaffenwerk Ernst Thälmann Suhl, MIFA-Werk Sangerhausen, 47 Sangerhausen, Kyselhäuser Straße 23''
*ab 1973 ''VEB MIFA-WERK SANGERHAUSEN, 47 Sangerhausen, Kyselhäuser Straße 23''
*ab 1978 ''VEB MIFA-WERK SANGERHAUSEN, Betrieb des [[IFA|IFA-Kombinat für Zweiradfahrzeuge]], 47 Sangerhausen, Kyselhäuser Straße 23''
*ab Anfang 1990 ''MIFA Mitteldeutsche Fahrradwerke GmbH, 4700 Sangerhausen, Kyselhäuser Straße 23''
*ab November oder Dezember 1990 ''MDF Mitteldeutsche Fahrradwerke GmbH, O-4700 Sangerhausen, Kyselhäuser Straße 23''


==1907: Gründung der Mifa==


Der Geschäftsmann Emil Schütze gilt als Initiator der Firmengründung. Er brachte den Großteil des Kapitals ein. Das Angebot seines Sangerhauser Ladens, Kylische Straße 28, umfaßte unter anderem auch Fahrräder der Marken Wanderer, Seidel&Naumann, Opel, [[Diamant]]. Der aus Leipzig stammende Emil Hesse, zuvor für Dürkopp und Styria in Graz tätig, war Technischer Leiter und Mitbegründer der Firma.
<poem style="border: 1px solid #d6d2c5; background-color: #f9f9f9; padding: 0;">
Für Informationen zu den einzelnen Modellen Siehe [[Modelle Mifa]]
Zur Baujahrbestimmung von Mifa-Fahrrädern siehe [[Datierung Mifa Fahrräder]]
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==Geschichte==
===1907 bis 1949===
Die Mitteldeutschen Fahrradwerke (kurz MIFA) wurden 1907 von Emil Schütze und Emil Hesse gegründet. Die ersten Fahrräder wurden unter den Markennamen ''Barbarossa'' und ''Million'' vertrieben, 1912 erfolgte die Markteinführung der Marke ''MIFA''. Während des Ersten Weltkrieges ruhte die fahrradproduktion, statt dessen produzierte die Firma Rüstungsgüter. Erst ab 1920 wurden wieder Fahrräder gebaut. 1925 gelangten die Mitteldeutschen Fahrradwerke  in den Besitz der Druckerei Huck in Berlin; das Werk wurde umfangreich erweitert und modernisiert. 1927 wurden 79.000 Fahrräder hergestellt - damit zählte MIFA zu den größten deutschen Fahrradherstellern. 1926 unterhielt MIFA 260 Verkaufsstellen, von denen mehrere von ehemaligen Rennfahrern betrieben wurden.  


Die ersten Fahrräder wurden unter den Markennamen Barbarossa und Million vertrieben. 1912 war das Jahr der Markteinführung der Marke MIFA. 1913 erreichte die Produktion 4000 Räder. Im ersten Weltkrieg produzierte man Granaten.
MIFA hatte den hohen Werbewert des Radsports frühzeitig erkannt und wurde hier trotz der dafür notwendigen hohen Ausgaben aktiv: Seit 1924 unterhielt MIFA einen sehr erfolgreichen Rennstall und stand besonders mit Diamant und Opel in starker Konkurrenz. Der italienische Weltmeister Alfredo Binda, der Schweizer Heiri Suter sowie die erfolgreichen deutschen Fahrer Bruno und Rudolf Wolke fuhren MIFA-Fahrräder. 1925 gewann Heiri Suter den Grand Prix Wolber, den Vorläufer der UCI-Straßenweltmeisterschaft, auf einem MIFA-Rad. Seitdem hieß das beste Rennrad von MIFA „Meisterschaftsmodell".




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Datei:Willi_Brauer_1926.jpg|Willi Brauer, Sieger eines von Mifa ausgetragenen Fahrradrennens.
Datei:1928 MiFa Rennrad gruen Mini.jpg|Mifa-Straßenrennrad Modell 231f von 1928.
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Emil Schütze suchte für sein neues Geschäft einen Techniker, der Spezialist im Fahrradbau war. So kam 1907 der Fahrradtechniker Emil Hesse nach Sangerhausen. Er stammte aus Rötha bei Leipzig, arbeitete zuvor für Dürkopp und Styria in Graz. Er besaß Patente für Fahrradteile (??) und war technisch auf dem neuesten Stand der Fahrradtechnik.
Ende der 1920er Jahre endete der wirtschaftliche Aufstieg der MIFA. In den 1930er Jahren wurden nur noch rund 20.000 Räder pro Jahr hergestellt. Eine Ursache kann im Wegfall des bis dahin so erfolgreichen Direktvertriebs gesehen werden, der während der  NS-Zeit untersagt war. Bereits ab 1938 wurde der Bau von Fahrrädern zugunsten der Rüstungsproduktion stark reduziert, um 1939 ganz aufgegeben zu werden. Während des Zweiten Weltkrieges wurden u.a. Zünder für Munition gebaut.


Bereits 1908 waren die Mitteldeutschen Fahrradwerke so weit eingerichtet, dass mit ca. 35 Arbeitern 1.000 Fahrräder im Jahr hergestellt werden können. Verkauft wurden die Räder zunächst unter dem Markennamen Barbarossa und Million. Erst 1912 wurde die Marke Mifa eingeführt. Bis 1913 steigert sich die Produktion auf 4.000 Fahrräder im Jahr. In ersten Weltkrieg baute Mifa Granaten.
Am 12. April 1945 wurde Sangerhausen von US-Streitkräften besetzt, Die Betriebe der Stadt mussten ihre Produktion einstellen. Die MIFA-Werke wurden von US-Soldaten zur Reparatur Ihrer Ausrüstung genutzt. Im April 1945 untersagten die amerikanischen Besatzer die Wiederaufnahme der Fahrradproduktion.  


==1920: Mifa wird Großbetrieb==
Im Juli 1945 besetzten sowjetische Truppen die Stadt. Noch im selben Jahr wurde die Produktion bei MIFA wieder aufgenommen, Grundlage war der Befehl Nr. 9 zur "Wiederingangsetzung der Produktion". Aus vorhandenen Materialbeständen wurden in den folgenden Monaten kleinere Haushaltsgegenstände (etwa Feuerzeuge, Lockenwickler), zweirädrige Karren und Wagen für Kranke und Invalide hergestellt. Für 1946 sah der Produktionsplan Fahrräder, Kugellager, Einspritzpumpen für Dieselmotore, Feuerzeuge und Lockenwickler vor. 


[[Datei:Willi_Brauer_1926.jpg|miniatur|200px|Willie Brauer, Gewinner des großen Mifa Straßenpreises 1926]]Von 1920 stellte Mifa wieder Fahrräder her. Der Mitbegründer Emil Schütze war aus der Firma ausgeschieden und kapitalstärkere Gesellschafter kamen hinzu.
Ab dem 19. Oktober 1945 unterstand MIFA der Provinz Sachsen-Anhalt. Zum 1. August 1946 wurde das Werk Teil der ''[[Awtowelo|Sowjetischen Aktiengesellschaft "AWTOWELO"]]'' und befand sich damit im Eigentum der Sowjetunion. Noch 1946 begann die Produktion von Fahrrädern; in den folgenden Jahren gingen große Teile der Produktion als Reparationsleistung an die Sowjets:
Zuerst war es 1920 ein Berliner Geschäftsmann Lihmann. Bereits 1921 ändern sich die Besitzverhältnisse erneut und es werden als Gesellschafter der Mifa die Herren Guggenheimer, Karstedt und Höfling genannt. 1925 geht die Mifa in den Besitz einer Druckerei Huck aus Berlin über. Als Sitz der Mifa wird nun auch immer Berlin angegeben. Diese Besitzverhältnisse bleiben bis Ende des 2. Weltkrieges bestehen. Werkleiter war bis zu seinem Tode 1936 der Mitbegründer Emil Hesse.


Die neuen Besitzer modernisieren den alten Gebäudebestand erheblich. 1925 wird der neue sog. Mittelbau erreichtet, der im 1. Obergeschoß die Fahrradmontage beherbergte. Parallel wird die Fließbandmontage eingeführt.
*1946: 9.483 Fahrräder (= 100% der Produktion)
*1947: 4.800 Fahrräder (= 12% der Produktion)
*1948: 35.750 Fahrräder (= 55% der Produktion)
*1949: 12.750 Fahrräder (= 15% der Produktion)


1927 war das beste Jahr der Mifa vor dem 2. Weltkrieg. Mit fast 700 Arbeitern werden 79.000 Fahrräder hergestellt. Mifa rangierte damit unter den größten Herstellern in Deutschland. Seit 1927 verkaufte Mifa nicht mehr über den Einzelhandel, sondern über ein System von ca. 200 Fabrikverkaufsstellen oder direkt über den Versand ab Werk. Damit hatte sich das Werk zwar einen eigenen Vertrieb aufgebaut und sparte damit die Händlerprovision ein, allerdings machte sich Mifa damit bei den Fahrradhändlern massiv unbeliebt. Auch andere große Firmen, wie Opel verfielen in diese Verkaufsgebaren. Opel allerdings verkaufte große Stückzahlen über Konsumvereine und andere Massenabnehmer.


Neben gewöhnlichen Rädern waren in den 20er Jahren besonders die Meisterschaftsmodelle Verkaufserfolge. Das Unternehmen unterhielt seit 1924 einen eigenen Rennstall mit vielen erfolgreichen Berufsrennfahrern. Mifa setzte massiv auf die Rennsportwerbung und befand sich besonders mit Diamant und Opel in starker Konkurrenz.
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Die Kataloge aus den 20er Jahren sind prachtvoll und können sich mit anderen Firmen gut messen. Ende der 20er Jahre werden sie erweitert auf ein Vollsortiment auch von Zubehörteilen, damit die eigenen Werksläden alles notwendige anbieten können. Zu Rennrädern werden original bestickte Mifa-Trikots dazu gegeben.
Datei:MIFA Krankenfahrstuhl 1940er Jahre.jpg|Versehrten-Fahrzeug, Mitte/Ende der 1940er Jahre von Mifa produziert.
Datei:Bild 183-S91046.jpg|"Meister Schmidt, der seine Norm um 33 % erhöht hat, schweißt den Vorder- und Hinterbau eines Fahrrades zusammen." (1949)
Datei:Bild 183-S91040.jpg|"Arbeiter beim Ausfräsen der Steuerrohre." (1949)
Datei:Bild 183-S91048.jpg|Biegen der Lenker. (1949)
Datei:Bild 183-S91049.jpg|"Der Aktivist Hans Joachim Volkland, der mit seinen Leistungen an der Spitze der Abteilung steht, beim Spritzen der Strahlenköpfe." (1949)
Datei:Bild 183-S91041.jpg|"Blick in die Buntlackiererei des Werkes." (1949)
Datei:Bild 183-S91042.jpg|Linieren der Rahmen. (1949)
Datei:Bild 183-S91050.jpg|"Hier werden Schutzbleche mit einer besonderen Vorrichtung liniiert." (1949)
Datei:Bild 183-S91053.jpg|Fahrradmontage (1949)
Datei:Bild 183-S91045.jpg|Verpacken der Fahrräder. (November 1949)
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==1930: Wirtschaftskrise und NS-Wirtschaft==
===1950 bis 1990===
Zum 1. Juni 1950 wurden die Mitteldeutschen Fahrradwerke in Volkseigentum überführt. In diesem Jahr wurden rund 115.000 Fahrräder produziert. Bedingt durch den Import von Material für den Rahmenbau aus Westdeutschland, der teilweise durch Liefer-Boykotte unterbunden wurde, lief die Produktion in den ersten Jahren nach der Verstaatlichung nicht nach Plan. So wurden 1951 mit 95.000 Fahrrädern deutlich weniger als im Vorjahr gebaut. Erst 1955 wurden die Planzahlen erreicht bzw. übertroffen. Im Jahr 1953 wurden neue Rahmennummern vergeben und die Zählung wieder bei Null begonnen. Bis dahin hatte MIFA seit seiner Gründung rund 1,2 Millionen Fahrräder gebaut.


[[Datei:1928 MiFa Rennrad gruen Mini.jpg|miniatur|200px|Mifa Halbrenner, 1928]]Ende der 20er Jahre endete der rasche wirtschaftliche Aufstieg der Mifa. In den 30er Jahren werden nur noch ca. 20.000 Räder pro Jahr hergestellt. Eine Ursache könnte der zusammengebrochene Direktvertrieb gewesen sein, der in der NS-Diktatur untersagt war. Die wenigen bekannten Kataloge und Prospekte aus den 30er Jahren sind nüchtern und zurückhaltend; sie wirken billig.
1936 starb Emil Hesse. Sein Sohn Otto Hesse (1899 – 1979) wurde Betriebsleiter.
1937 wurde auf dem Gelände ein Sprengstofflager für 150 kg Schwarzpulver eingerichtet. Schon vor dem Krieg begann die Produktion von Munition. Später wurde die Fahrradproduktion ganz eingestellt und nur noch Ausrüstung (Zünder für Granaten und Flugzeugteile) für die Wehrmacht hergestellt. Charakteristischere Produkte waren Kabelverlegewagen für Nachrichtetruppen und Transportkarren, um Verwundete zu befördern.
Im Krieg wurden auch sog. Fremdarbeiter aus der Sowjetunion, aus Frankreich und aus Italien beschäftigt.


==1945 – 1949: Sowjetische Aktiengesellschaft “Awtowelo”==
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Datei:Bild 183-09921-0002.jpg|Die Tretlagerhülse wurde bei Mifa-Tourenrädern bis mindestens 1953 verschweißt. Auch die Stege im Hinterbau wurden eingeschweißt. (März 1951)
Datei:Bild 183-09921-0004.jpg|"Die Brigade Todte bei einer Produktionsbesprechung über Vereinfachungen im Bau von Fahrradrahmen." (März 1951)
Datei:Bild 183-09921-0003.jpg|Zentrieren der Laufräder. (März 1951)
Datei:Bild 183-09921-0001.jpg|"Die Jugenaktivisten Herta Schwarz beim Montieren von Fahrrädern. Sie erfüllte ihre Tagesnorm um 30% und will ihre Leistungen weiterhin steigern." (März 1951)
Datei:Bild 183-40286-0002.jpg|Einfädeln der Speichen. (September 1956)
Datei:Bild 183-40286-0005.jpg|Große Teile der Fahrradproduktion wurde in alle Welt exportiert. (September 1956)
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Am 12. April 1945 marschierten amerikanische Streitkräfte in Sangerhausen ein. Deutsche Betriebe stellten ihre Produktion ein. Die Soldaten reparierten in der Mifa ihre Ausrüstung.
Seit Anfang der 1950er Jahre wurden bei MIFA zahlreiche sozial-politische Maßnahmen umgesetzt: Es wurden Patenschaften mit den Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften in Bennungen, Hohlstedt und Wickerde geschlossen; 1953 wurden die Kampfgruppe des Betriebes und die Betriebssportgemeinschaft "Motor", Sektion "Rad- und Rennsport und Saalsport" gegründet. Im März 1955 erhielt MIFA eine moderne Betriebsküche, 1957 wurde ein Betriebskindergarten eingerichtet. Ab den 1960er Jahren besaß MIFA auch eine eigene HO-Verkaufsstelle; in Sittendorf am Kyffhäusergebirge existierte ein Betriebsferienheim. 1963 begann die Ausbildung von Schülern der EOS "Geschwister Scholl" und der POS "Heinrich Heine" im polytechnischen Unterricht. 1967 wurde der Betriebskindergarten für bis zu 120 Kinder erweitert.
Im Juli 1945 wurde der Landkreis Sangerhausen von sowjetischen Soldaten besetzt. Die Mifa durfte wieder produzieren. Zuerst wurde das Material verbraucht, das aus der Rüstungsproduktion übrig geblieben war. Es wurden Feuerzeuge und Lockenwickler aus Aluminium hergestellt. Auf Bestellung gab es Ofenrohre, Kartoffelpflüge und Honigschleudern. Ab August 1945 begann die Produktion von zweirädrigen Transportkarren aller Art, die heute noch in Sangerhausen vielfach im Einsatz befindliche Mifa-Karre. Im Oktober 1945 verkaufte die Mifa 743 Stück dieser Karre.
Seit dem 1. August 1946 hieß Mifa “Fahrradwerke Mifa der Sowjetischen Aktiengesellschaft “[[Awtowelo]]”. Die Besitzer der Vorkrigszeit waren enteignet worden. Otto Hesse blieb zunächst unter sowetischer Kontrolle Werksdirektor. Im November 1947 wurde er entlassen und später für mehrere Jahre ins Zuchthaus für politisch Gefangene in Bautzen gesperrt.
Ab 1946 baute Mifa wieder Fahrräder, in diesem Jahr allein 9.483 Stück, die alle als Reparationsleistung an die UdSSR geliefert wurden. Bis 1949 wurden Fahrräder als Reparation in die UdSSR geliefert.
Neben Fahrrädern stellte Mifa in der Sowjetzeit noch stabile Kinderdreiräder und Invalidenwagen für die vielen Versehrten des Krieges her.


==1950: VEB Mifa-Werk Sangerhausen==
1956 kam es zur "Neuentwicklung einer einzigartigen Metallverbindung im VEB Mifa-Fahrradwerk Sangerhausen. Unter Leitung des Chefkonstukteurs Hartwich hat ein Erfinderkollektiv des VEB Mifa-Fahrradwerk in Sangerhausen eine neuartige Metallverbindung entwickelt, die als sensationell bezeichnet werden darf und wesentliche Vorteile vor allen anderen bis jetzt bekannten Verbindungsmethoden aufweist. - In einen zwischen den zwei zu verbindenden Metallen freigelassenen Hohlraum wird unter Druck modifizierter Gummi eingespritzt. Der Gummi verbindet sich fest mit den Metallen und stellt so die Verbindung her. Bis jetzt sind 3 Verfahren möglich: 1. Druckspritzverfahren (mit besonderer Maschine) 2. Druckfließverfahren (mit besonderer Vorrichtung) 3. Wickelverfahren (ohne Maschine und ohne Vorrichtung). Mit dieser Verbindung können runde Körper, Profilkörper, Schraubenverbindungen und Blechverbindungen hergestellt werden." (Bildunterschrift Zentralbild Gerbath, 20.12.1956)


[[Datei:Mifa Kinderrad 60er.JPG|miniatur|200px|Foto aus einer Mifa Werbemappe der 60er Jahre]]In der neu gegründeten DDR wurden 1950 die Mitteldeutschen Fahrradwerke ein Volkseigener Betrieb. Im ersten Jahr stellten 1.100 Arbeiter 117.000 Fahrräder her. Bald stiegen die Mitarbeiter- und Produktionszahlen stetig. Ende der 1980er Jahre bauten 1.400 Arbeiter 450.000 Fahrräder im Jahr. Das war die Hälfte der gesamten Fahrradproduktion der DDR. Ein Großteil wurde exportiert.
Unter Benutzung des Druckspritzverfahrens wurde auch ein (Muster-)Fahrrad gebaut. In die Serienfertigung ging das neue Verfahren und das vorgestellte Fahrradmodell jedoch nicht. Weitere Informationen dazu sind derzeit nicht bekannt.
1965: Klappfahrrad


In der westeuropäischen Krise des Fahrradbaues in den 1960er Jahren entstand das Klappfahrrad. Auch Mifa produzierte ab 1965 ein solches Modell. Allein bis 1978 wurden mehr als 1,5 Mio. Klappräder gebaut. Das Rad war relativ billig. Dennoch war es eines der odelle die immer zu kaufen waren, weil das Angebot größer als die Nachfrage war – im Gegensatz zu vielen anderen normalen Fahrradmodellen. Bis nach 1990 werden verschiedene immer wieder verbesserte Modelle angeboten. Das Grundprizip allerdings wurde nicht verändert. Das Mifa Klapprad könnte damit eines der am längsten Klappradmodelle weltweit sein.


==1969: IFA Zweiradkombinat Suhl==
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Datei:Bild 183-43430-0002.jpg|"Eine im Druckspritzverfahren hergestellte Aluminium-Tempergußverbindung.(aufgeschnitten). Sehr deutlich kann man die eingespritzte Gummischicht erkennen. Die Zerreißfestigkeit der Verbindung beträgt über 10&#x202f;t."<br>(Dezember 1956)
Datei:Bild 183-43430-0005.jpg|Eine Fahrradgabel, hergestellt nach dem neuen Verbindungs-Verfahren. (Dezember 1956)
Datei:Bild 183-43430-0004.jpg|"[...] ein modernes Tourenrad, welches bereits nach dem neuen Verfahren hergestellt wurde und sich noch in der Erprobung befindet." Über dieses Fahrradmodell, das offenbar auch in seiner Ausstattung ein Prototyp war, ist nichts weiter bekannt. Bei der Ausstattung sind vor allem die [[Naben|Hochflanschnaben]] sowie das [[Kettenblätter|Doppelkettenblatt]] bemerkenswert. (Dezember 1956)
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1969 wird die Mifa dem Industrieverband Fahrzeugbau Zweiradkombinat Suhl (IFA) angegliedert. Es gab den Plan, dass die Mifa Mitte der 70er Jahre der einzige Fahrradhersteller der DDR werden sollte. Der Bedarf an Fahrrädern ging durch die zunehmende Motorisierung zurück. Als das fahrrad für die Freizeit eine Renaissance erlebt und die Verkaufszahlen wieder anstiegen, gab man diesen Plan auf. In den 1970er Jahren wurden verstärkt Sporträder gebaut, was bis dahin eher eine Domaine von Diamant war. Am 23. August 1973 lief das 5Millionste Fahrrad seit 1946 vom Band.
Seit 1965 bestand schriftlicher Kontakt zum Fahrradwerk "G. J. Petrowski" in Charkow (UdSSR), von 1970 an arbeitete MIFA mit diesem Fahrradwerk zusammen - untersucht wurden die technologischen Prozesse des Fahrradbaus. 1965 rief der Deutsche Schriftstellerverband zu der Aktion "Fahrräder für Vietnam" auf. Anfang Dezember 1966 übergab MIFA 5.000 Fahrräder an den vietnamesischen Botschafter. Im folgenden Jahr wurden weitere 1.000 Fahrräder für Vietnam gebaut. Für die Ausbildung von vietnamesischen Facharbeitern wurde 1967 ein ehemaliges Hotel gekauft und zum Betriebswohnheim "Deutsch-Vietnamesische Freundschaft" ausgebaut. 1968 wurden 10.000 Fahrräder nach Vietnam exportiert.
Mitte der 1970er Jahre wurden die veralteten Produktionsgebäude der Mifa grundlegend modernisiert. Drei große Hallen entstehen ganz neu. Die Herstellung wird weiter rationalisiert und automatisiert.
In den 1980er löst die Nestmontage die Fließbandarbeit ab. Eine kleine Gruppe von Arbeitern baute jetzt ein Fahrrad komplett zusammen. Außerdem wurden moderne Industrieroboter eingesetzt, z.B. zur Rahmenfertigung. Mifa ist auch bekannt für seine Einspeichautomaten, die komplette Laufräder fertigen.
1982 wurde wieder ein Sportrad mit Dreigangkettenschaltung gebaut, 1987 erscheint das Sportrad “Sprint” mit Fünfgangschaltung. 1983 wird das Mifa Universal aufgelegt. Das ist ein “Einkaufsfahrrad” mit Geäckträger, 20-Zoll-Vorderrad und normalem Hinterrad. Das Rad wird auch in Betrieben für den Werksverkehr eingesetzt. Seit Mai 1988 produzierte Mifa ein BMX-Rad, aber es taucht im Handel der DDR kaum auf. Mifa richtete damit auch Wettkämpfe aus. Prototypen für ein 26-zölliges “Montainbike” mit 10-Gang-Schaltung werden hergestellt und im Hochgebirge erprobt.
In den 1980er Jahren gerät der Betrieb zunehmend in wirtschaftliche Schwierigkeiten. Die Zulieferbetriebe liefern nicht wie geplant, die Qualität des Materials geht zurück, Fertigungsmaschinen müssen überholt werden. Oft steht der Betrieb in der Woche still. Um den Plan zu erfüllen, werden Überstunden und Wochenendschichten gefahren. Zuletzt gelingt es den Mifa-Arbeitern nicht mehr, den Plan zu erfüllen.


==1990: Mifa nach der politischen Wende==
Einen internationalen Trend aufgreifend, entwickelte MIFA Mitte der 1960er Jahre ein [[Modelle Mifa#Mifa Klappräder|Klappfahrrad]]. Allein von von 1967 (Produktionsbeginn) bis 1986 wurden rund 2,4 Millionen dieses Fahrradtypes gebaut.
Zu Beginn des Jahres 1969 wurde MIFA Betrieb des ''[[IFA|IFA Kombinat, VEB Fahrzeug- und Jagdwaffenwerk Ernst Thälmann Suhl]]''. Nachdem bereits 1966 geplant worden war, MIFA ab 1970 zum einzigen Fahrradhersteller der DDR auszubauen, sah die Planung 1969 dies schließlich für die Zeit ab 1973/74 vor. In Folge dessen wurde die Produktion von Sportfahrrädern 1969 vom [[Diamant|VEB Elite-Diamantwerke]] in den VEB Mifa-Werk Sangerhausen verlagert. Die 28"-Sporträder wurden bis 1972/73 im wesentlichen unverändert weitergebaut und besaßen noch bis 1974 das Diamant-Dekor. In den 1970er Jahren erlebte das Fahrrad (auch international) eine Renaissance, weshalb wieder vermehrt Fahrräder gekauft wurden. Die MIFA-Werke allein konnten den nun wieder steigenden Bedarf mit ihrer Produktion nicht decken. So blieb Diamant als zweiter großer Fahrradproduzent bestehen; MIFA lagerte die Produktion von Kinderfahrrädern aus, um Kapazitäten zu schaffen. Am 23. August 1973 lief mit einem fliederfarbenen Klapprad [[Mifa Modell 901|Modell 901]] das fünfmillionste Fahrrad der Nachkriegsproduktion vom Band.


Das Werk wird nach der deutschen Wiedervereinigung zur Sanierung und Privatisierung in die Hände der Treuhand übergeben. Die Mitteldeutschen Fahrradwerke kürzen sich nicht mehr Mifa ab, sondern MDF. Der bisherige absatzmarkt war zusammen gebrochen und auf dem westlichen Markt waren die Räder technisch, qualitativ und optisch nicht konkurrenzfähig. In kürzester Zeit wurden neue Fahrradmodelle auf den Markt gebracht, deren Entwicklung teilweise schon zu DDR-Zeiten begonnen hatte. Die Belegschaft wurde von 1.500 auf ca. 100 Arbeiter reduziert. Alle Abteilungen, die nicht der Produktion dienten, wurden aufgelöst. Wurden bislang fast alle Teile im Werk selbst hergestellt, ändert sich dies jetzt drastisch.
Im August 1993 werden Maschinen und Lagerbestände der Mifa von den schweizer Geschäftsleuten Urs Haymot und Franco Knill gekauft. Sie produzierten in den drei Hallen aus den 70er Jahren. Das Grundstück und die Gebäude blieben in den Händen der Treuhand. Die restlichen Gebäude der Vorkriegszeit wurden abgerissen. der Betrieb heiß nun Fahrradtechnik Sangerhausen GmbH (FaSa). 1995 wurde Konkurs angemeldet.
1996: Neustart durch Peter Wicht


Peter Wicht und Michael Lehmann übernahmen 1996 die Mifa, die seitdem auch wieder Mitteldeutsche Fahrradwerke GmbH heißt. Auf dem alten Fabrikgrundstück sind weithin sichtbar neue Werksgebäude entstanden. Heute werden von 400 Arbeitern im Jahr ca. 700.000 Fahrräder aus Teilen zusammen gesetzt, die in der ganzen Welt zusammengekauft werden.  
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2004: Mitteldeutsche Fahrradwerke AG
Datei:Bild 183-78198-0002.jpg|"Die Kollegen der Jugendbrigade vom Fließband "Philipp Müller". (November 1960)
Datei:Mifa NZ 13-01-1967.jpg|Bildunterschrift: "TÄGLICH 1000 FAHRRÄDER verlassen das MIFA-Werk in Sangerhausen. Monteur Brigitte Teufel leistet letzte Handgriffe am Endmontageband. Eine Neuentwicklung ist das Falt-Rad, das in diesem Jahr in größeren Stückzahlen produziert wird. Etwa ein Viertel der Produktion wird in 32 Länder exportiert. 6550 Fahrräder wurden bis Ende 1966 für Vietnam geliefert." (NEUE ZEIT vom 13. Januar 1967)
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Mifa ist seit Mai 2004 an der Frankfurter Börse notiert. Hergestellt werden die eigenen Marken Mifa und Germatec neben anderen Marken für große Handelsketten, z.B. für Metro. 2006 stieg der amerikanische Investmentfond Lone Star durch eine Kapitalerhöhung von 2 Mio. Euro (25%) bei Mifa ein. Gleichzeitig wurden die sächsischen Biria-Werke, die Lone Star ein Jahr zuvor üernommen hatten, geschlossen (zuletzt ca. 630.000 Fahrräder pro Jahr). 2007 wurde die Bike Systems Nordhausen ebenfalls durch Lone Star zu Mifa eingegliedert und in Folge geschlossen. In ersten Quartal 2008 meldet Mifa einen Umsatzrückgang von ca. 10 % zum Vorjahresquartal, aber eine Gewinnsteigerung von 20%.
Ebenfalls im Jahr 1973 begann MIFA mit der Rationalisierung und Teilautomatisierung der Fahrradproduktion. Im selben Jahr wurde eine neue Produktionshalle für die Galvanik und Schleiferei gebaut, ein Jahr später zwei neue Hallen für die Gabelfertigung.
 
Mitte der 1970er Jahre arbeitete MIFA mit den Fahrradwerken in Cheb (UdSSR), Czepel (VR Ungarn) und Bromberg (VR polen) zusammen. 1977 wurde die Galvanik und das Sozialgebäude rekonstruiert (neue Wasch- und Umkleideräume, neuer medizinischer Stützpunt).
 
Seit spätestens 1977 konnten Mifa-Fahrräder auch über den Geschenkdienst [[Genex]] erworben werden. Die Fahrräder wurden in diesen Katalogen zwar mit der Modellnummer vorgestellt und beschrieben, der Hersteller wurde jedoch nicht genannt.
 
 
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Datei:Mifa Polytechnischer Unterricht ND 25-5-1974.jpg|Poytechnischer Unterricht bei Mifa, Notiz im NEUEN DEUTSCHLAND vom 25. Mai 1974.
Datei:Arbeitskultur MIFA BZ 16-7-1974.jpg|Notiz in der Berliner Zeitung vom 16. Juli 1974 zur "Gestaltung der Arbeitskultur in einem neuen Produktionsbereichbereich der Mifa-Fahrradwerke Sangerhausen".
Datei:MIFA Pedalmontage 1976.jpg|Montage von Fahrradpedalen, 1976.
Datei:Mifa Betriebsferienheim.jpg|"Betriebsferienheim Mifa - Sangerhausen Forsthaus Sittendorf (Kyffh.)"<br> Bildmotiv um 1978.
Datei:Mifa Originalfarbtafel 1978-1980.jpg|"Originalfarbtafel" für die bei Mifa verwendeten Fahrradlacke. Zeitraum: 1978 bis 1980.
Datei:Mifa Originalfarbtafel Blanko 1978-1980.jpg|"Originalfarbtafel" für die bei Mifa verwendeten Fahrradlacke. Ohne aufgeklebte Farbmuster. Zeitraum: 1978 bis 1980.
Datei:Mifa Originalfarbtafel nach 1981.jpg|"Originalfarbtafel" für die bei Mifa verwendeten Fahrradlacke. Zeitraum: nach 1980.
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In den 1980er Jahren löst die Nestmontage die Fließbandarbeit ab. Eine kleine Gruppe von Arbeitern baute jetzt ein Fahrrad komplett zusammen. Zunehmend wurden moderne Industrieroboter eingesetzt: 1983 ein Rahmenschweißroboter, 1984 auch für andere Fahrradbaugruppen. Auch Einspeichautomaten, die komplette Laufräder fertigten, wurden eingesetzt. 1988 erhielt das Werk eine automatische Lackieranlage.
 
 
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Datei:Nestmontage Mifa 8-8-1981.jpg|Notiz in der Berliner Zeitung vom 8. August 1981 zur Aufnahme der Nestmontage bei Mifa.
Datei:Bild 183-1984-0918-008.jpg|Fahrradmontage (September 1984)
Datei:MIFA Sprint Fahrräder JungeWelt 8.11.1987.jpg|Notiz zur Produktion von MIFA Sprint-Fahrrädern in der Tageszeitung Junge Welt vom 8. November 1987. Die Produktion begann im Sommer 1987. Im November 1987 wurden täglich rund 380 Sprint-Fahrräder gefertigt. Für 1988 war die Produktion von taglich mindestens 420 Stück geplant.
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Ein Bericht in der Zeitschrift ''Kraftfahrzeugtechnik'', Ausgabe 9 1987 erläutert die Produktion Fahrradrahmen in den 1980er Jahren wie folgt: "Hocheffektive Löt- und Schweißverfahren bestimmen das Bild in der Rahmenfertigung. Bei den gemufften Tourenrahmen kommt das maschinelle Flammfeld-Löten zum Einsatz. Vom Bediener werden die komplett gefügten Fahrradrahmen (Bild 4) eingehängt. Nach einer Vorwärm- und Arbeitsstation werden die zehn Verbindungsstellen gleichzeitig gelötet.<br>
Das energieökonomisch günstige metall-Aktivgas(MAG)-Schweißen findet auf Grund der höheren Flexibilität in der Fahrradrahmenfertigung immer breitere Anwendung. Klapp-, Universalfahrräder und das Tourentandem sind beispielsweise als vollgeschweißte Rohrkonstruktion ausgeführt.<br>
Das Nachrichten der gelöteten oder geschweißten Fahrradrahmen zur Gewährleistung von Spurhaltung und optimalen Lenkeigenschaften war eine schwere körperliche Arbeit. Seit 1987 werden dafür rechnergesteuerte Richtmaschinen (Bild 5) in diesem Fertigungsabschnitt eingesetzt.<br>
Daneben hat aber auch handwerkliches Können in der Fahrradproduktion nach wie vor große Bedeutung. Für so hochbeanspruchte Sportgeräte wie die Radballmaschinen muß das Brenner-Löten von Hand auch weiterhin (Bild 6) angewendet werden." (Schäfer, D: Fahrräder für Freizeit und Alltag, in: Kraftfahrzeugtechnik, Nr. 9, 1987, Seite 269)
 
 
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Datei:MIFA Rahmenfertigung Flammfeldlötmaschine um 1987.jpg|"Bild 4  Flammfeld-Lötmaschine für Fahrradrahmen" (um 1987).
Datei:MIFA Rahmenfertigung Greifer rechnergesteuerte Richtmaschine um 1987.jpg|"Bild 5  Greifer einer rechnergesteuerten Richtmaschine" (um 1987).
Datei:MIFA Rahmenfertigung Radballfahrradrahmen Handfertigung um 1987.jpg|"Bild 6  Handwerkliches Können ist in der Sportgerätefertigung z. B. für Radballmaschinen gefragt" (um 1987).
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1984 verließ das zehnmillionste Fahrrad seit der Betriebsgründung im Jahre 1907 das Werk, Ende 1987 dann das elfmillionste Fahrrad seit 1946. Trotz des hohen Ausstattungsgrades mit modernen Maschinen und Robotern konnte MIFA seit 1986 den Plan nicht mehr erfüllen. Grund waren u.a. die mangelhafte Materialqualität, die unzuverlässigen Lieferungen der Zulieferbetriebe und die notwendige Reparatur alter Maschinen. Insgesamt arbeitete der Betrieb äußerst unwirtschaftlich.
 
In den 1980er Jahren erweiterte Mifa seine Modellpalette umfassend, u.a. mit dem [[Mifa Universal||Gepäckrad „Universal“]], den [[Mifa Modell 257|Sporträdern des Typs “Sprint“]] und [[Modelle Mifa#Mifa BMX-Fahrräder|BMX-Fahrrädern]]. Prototypen eines von MIFA neue entwickelten [[Mifa Mountainbike|Montainbikes]] wurden umfassend getestet, gelangten jedoch nicht mehr in die Serienfertigung. 1985 entstand in Zusammenarbeit mit dem VEB Baumechanik Schwerin ein Tandem. MIFA leistete hierbei die konstruktive Entwicklungsarbeit, gebaut wurde das Tendem ab 1986 in Schwerin im Rahmen der Konsumgüterproduktion.  
 
===Nach 1990===
Nachdem der VEB MIFA-Werk im ersten Halbjahr 1990 von der Treuhandanstalt in eine GmbH überführt worden war, wurde bereits vom 11. bis 16. Juni des Jahres auf einer Hausmesse eine vollständig neue Modellpalette vorgestellt. Die bislang produzierten Fahrräder waren technisch und gestalterisch zu rückständig, um auf dem freien Markt konkurrieren zu können. Für die in kurzer Zeit neu entwickelten Fahrräder wurden trotzdem teilweise Konzepte der bisherigen Modelle übernommen (z.B. Universalfahrrad, BMX-Fahrrad). Ein Katalog, der auf die Mitte des Jahres 1990 datiert werden kann, stellte diese neue Modellpalette vor, wies aber darauf hin, dass darin "nur die wichtigsten Fahrradmodelle" gezeigt würden. Es ist wahrscheinlich, dass auch ein Rennrad zu den Neuentwicklungen des Jahres 1990 zählt.
 
Die Fachzeitschrift RadMarkt berichtete im Juli 1990, dass zu jenem Zeitpunkt "grundsätzlich [...] noch keine endgültigen Aussagen über die Bestückung mit Komponenten getroffen werden [können], weil es nicht sicher ist, wer letztendlich als Lieferant bleibt." Insofern müssen die hier aufgeführten Katalogabbildungen als Beispiel für den jeweiligen Fahrradtyp gesehen werden. Über die tatsächliche Ausstattung der produzierten Fahrräder können derzeit keine Angaben gemacht werden. Auffallend ist die gleichzeitige Verwendung von Anbauteilen aus DDR-Produktion und westeuropäischen Komponenten bei manchen der im Katalog abgebildeten Fahrräder.
 
Die Fahrräder besaßen zunächst keine Modellnummer oder -bezeichnung. Der Katalog nennt nur den Fahrradtyp samt Größe der Laufräder. Im September 1990 stellte Mifa seinen neuen Modelle auf der IFMA (Internationale Fahrrad- und Motorrad-Ausstellung) in Köln vor. Der RadMarkt schrieb dazu im Oktober 1990: "Eine Linie von Rennrädern, City- und Mountainbikes kommt jetzt unter dem Begriff Cephir auf den Markt, eine weitere Linie, die Fahrräder der Mittelklasse umfasst, unter dem Namen Concept." Auch ein Rennrad wurde hier erwähnt, es sollte als "Spitzenmodell" im Handel etwa 1.800 DM kosten. Ob und in welchen Mengen die neuen Fahrradmodelle tatsächlich (sämtlich) im Handel angeboten wurden, ist bislang nicht bekannt.  
 
1991 wurden die MIFA-Werke von der Treuhand an zwei schweizer Geschäftsleute verkauft, 1995 folgte der Konkurs. 1996 übernahmen Peter Wicht und Michael Lehmann die „Mitteldeutsche Fahrradwerke GmbH“ als Eigentümer. 2004 erfolgte der Börsengang. Die im Niedrigpreissektor liegenden Fahrräder wurden aus weltweit zusammengekauften Bestandteilen montiert. Verkauft wurden sie unter verschiedenen Eigen- und Handelsmarken<br>
Nach mehreren Eigentümerwechseln sowie Namensänderungen des fahrradherstellers (MIFA Mitteldeutsche Fahrradwerke GmbH / MIFA Mitteldeutsche Fahrradwerke AG (1996 bis 2014), MIFA-Bike Gesellschaft mbh (2014 bis 2017), Sachsenring Bike Manufaktur GmbH (2017 bis 2020)) erfolgt die Fahrradproduktion seit 2021 durch die zu diesem Zwecke neugegründete Zweirad Union e-Mobility GmbH & Produktion Co. KG.
 
==Mifa-Werbung==
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Datei:Eintrag Mifa Länderadressbuch 1947.jpg|Eintrag im Deutschen Länderadressbuch 1947.
Datei:Anzeige Mifa Messejournal April 1950.jpg|Anzeige für Mifa-Fahrräder, April 1950. Mifa wird hier gleichzeitig als SAG-Betrieb und als GmbH benannt.
Datei:Anzeige Mifa Diamant Möve Simson 05-1956.jpg|Gemeinsame Anzeige für Fahrräder von [[Diamant]], Mifa, [[Möve]] und [[Simson]], Mai 1956.
Datei:Anzeige Diamant Mifa Möve Simson Mai 1956.jpg|Gemeinsame Anzeige für Fahrräder von [[Diamant]], Mifa, [[Möve]] und [[Simson]], Mai 1956.
Datei:Werbung-Ein frohes Wochend erfahren-1956.jpg|Gemeinsame Anzeige für Fahrräder von [[Diamant]], Mifa, [[Möve]] und [[Simson]], 1956.
Datei:Anzeige Mifa Englisch 1957.jpg|Anzeige, 1957.
Datei:Anzeige MIFA Wanderkarte Thüringer Wald 1957.jpg|Werbung auf einer Wanderkarte für den Thüringer Wald, 1957.
Datei:Anzeige MIFA MÖVE DIAMANT 1957.jpg|Gemeinsame Anzeige für Fahrräder von [[Diamant]], Mifa und [[Möve]], 1957.
Datei:Anzeige Mifa Möve Diamant 1958.jpg|Gemeinsame Anzeige für Fahrräder von [[Diamant]], Mifa und [[Möve]], 1958.
Datei:Anzeige Möve Mifa Diamant Juli 1958.jpg|Gemeinsame Anzeige für Fahrräder von [[Diamant]], Mifa und [[Möve]], Juli 1958.
Datei:Anzeige Mifa Möve Diamant 1958 b.jpg|Gemeinsame Anzeige für Fahrräder von [[Diamant]], Mifa und [[Möve]], 1958 und 1959.
Datei:Anzeige MIFA MÖVE DIAMANT zur FF 1960.jpg|Gemeinsame Anzeige für Fahrräder von [[Diamant]], Mifa und [[Möve]], 1960.
Datei:DDR Fahrräder Reklame Juli 1961.JPG|Gemeinsame Anzeige für Fahrräder von [[Diamant]], Mifa und [[Möve]], Juli 1961.
Datei:Anzeige MIFA DIAMANT 1962.jpg|Gemeinsame Anzeige für Fahrräder von Mifa und [[Diamant]], 1962.
Datei:Anzeige Mifa Diamant 1962.jpg|Gemeinsame Anzeige für Fahrräder von Mifa und [[Diamant]], 1962.
Datei:Anzeige MIFA DIAMANT 1962 C.jpg|Gemeinsame Anzeige für Fahrräder von Mifa und [[Diamant]], 1962.
Datei:Anzeige MIFA DIAMANT 1962 D.jpg|Gemeinsame Anzeige für Fahrräder von Mifa und [[Diamant]], 1962.
Datei:Anzeige Mifa Diamant Februar 1963.jpg|Gemeinsame Anzeige für Fahrräder von Mifa und [[Diamant]], Februar 1963.
Datei:Anzeige Mifa Diamant 1963.jpg|Gemeinsame Anzeige für Fahrräder von Mifa und [[Diamant]], 1963.
Datei:Anzeige Mifa Diamant 1963 B.jpg|Gemeinsame Anzeige für Fahrräder von Mifa und [[Diamant]], 1963.
Datei:Anzeige MIFA Diamant 1963.jpg|Gemeinsame Anzeige für Fahrräder von Mifa und [[Diamant]], 1963.
Datei:Anzeige Mifa BZ 25-12-1963.jpg|Anzeige in der Berliner Zeitung vom 25.12.1963 mit einer Übersicht des Produktionsprogramms.
Datei:Anzeige Mifa Diamant Februar 1964.jpg|Gemeinsame Anzeige für Fahrräder von Mifa und [[Diamant]], Februar 1964.
Datei:Anzeige Diamant Mifa 1964.jpg|Gemeinsame Anzeige für Fahrräder von Mifa und [[Diamant]], 1964.
Datei:Anzeige Mifa 1964.jpg|Anzeige, Ende 1964.
Datei:Anzeige Mifa 1965.jpg|Anzeige, 1965.
Datei:Anzeige Mifa ND 27-02-1965.jpg|Anzeige im NEUEN DEUTSCHLAND vom 27. Februar 1965.
Datei:Anzeige Mifa Diamant KFT 5-1965.jpg|Gemeinsame Anzeige für Fahrräder von [[Diamant]] und Mifa, Mai 1965.
Datei:Anzeige MIFA zur FF 1965.jpg|Anzeige, 1965.
Datei:Anzeige Mifa ND 16-03-1966.jpg|Anzeige im NEUEN DEUTSCHLAND vom 16. März 1966.
Datei:Anzeige Mifa Leipziger Frühjahrsmesse 1966.jpg|Anzeige, 1966.
Datei:Anzeige Mifa 1966.jpg|Anzeige, 1966.
Datei:Anzeige MIFA DIAMANT zur FF 1966.jpg|Gemeinsame Anzeige für Fahrräder von Mifa und [[Diamant]], 1966.
Datei:Anzeige MIFA DIAMANT 1967.jpg|Gemeinsame Anzeige für Fahrräder von Mifa und [[Diamant]], 1967.
Datei:Anzeige MIFA DIAMANT 1968.jpg|Gemeinsame Anzeige für Fahrräder von Mifa und [[Diamant]], 1968.
Datei:Anzeige MIFA DIAMANT 1969.jpg|Gemeinsame Anzeige für Fahrräder von Mifa und [[Diamant]], 1969.
Datei:Anzeige MIFA zur FF 1970.jpg|Anzeige, 1970.
Datei:Mifa Werbeschild Reichsbahn 1971-73.jpg|Werbeschild (Siebdruck auf Kunststoff), eingesetzt bei der Deutschen Reichsbahn (vgl. Signet oben rechts im Bild). Hergestellt zwischen 1971 und 1973.
Datei:Anzeige MIFA 1971.jpg|Anzeige, 1971.
Datei:Anzeige Mifa 1972 mit Hinweis auf Radballturnier 72.jpg|Anzeige 1972, mit Hinweis auf das Internationale Radballturnier 1972 in Sangerhausen.
Datei:Anzeige Mifa 1973.jpg|Anzeige, 1973.
Datei:Anzeige Mifa Juli 1974.jpg|Anzeige, Juli 1974.
Datei:Anzeige Mifa 1978.jpg|Anzeige, 1978.
Datei:Anzeige Mifa 1982.jpg|Anzeige, 1982.
Datei:Anzeige Mifa 1989.jpg|Anzeige, 1989.
Datei:Anzeige Mifa Mitte1990.jpg|Anzeige, Mitte 1990.
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==Mifa-Werbeartikel==
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Datei:Mifa Sonnenblende Werbung.jpg|Sonnenblende, vrmtl. 1960er Jahre.
Datei:Bierdeckel MIFA Betriebsferienheim.jpg|Untersetzer aus dem Mifa-Betriebsferienheim Forsthaus Sittendorf/Kyffhäuser, 1970er/1980er Jahre.
Datei:MIFA ewiger Kalender 1960er Jahre.jpg|Ewiger Kalender, vrmtl. Ende der 1960er Jahre.
Datei:MIFA ewiger Kalender 1970er Jahre.jpg|Ewiger Kalender, 1970er Jahre.
Datei:Mifa Pin 2.jpg|Anstecknadel, vrmtl. 1950er Jahre.
Datei:Mifa Pin 3.jpg|Anstecknadel, vrmtl. 1950er Jahre.
Datei:Mifa Pin 4.jpg|Anstecknadel, vrmtl. 1950er / 1960er Jahre.
Datei:Mifa Pin 5.jpg|Anstecknadel, vrmtl. 1970er Jahre.
Datei:BSG Mifa Radball Wimpel.jpeg|Wimpel der BSG Sangerhausen und zum 15. Internationalen Radballtournier Sangerhausen 1977.
Datei:Mifa Pin 6.jpg|Anstecknadel, 1980er Jahre.
Datei:Abziehbilder Mifa Simson 1981.jpg|Abziehbilder, 1981.
Datei:Mifa Taschenkalender 1990.jpg|Taschenkalender (doppelseitig) für das Jahr 1990.
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==Produkte==
*Fahrräder (belegt für 1946 bis 1990)
*Fahrradrahmen (belegt für 1946 bis 1990)
*Vorderradgabeln (belegt für 1946 bis 1990)
*[[Felgen]] (belegt für 1953 bis 1989)
*[[Lenker]] (belegt für 1948, 1956, 1957, 1961 bis 1964, 1966 bis 1989)
*[[Bremsen]] (belegt für 1954, 1966 bis 1969)
*[[Pedale]] (belegt für 1948, 1954, 1967 bis 1983, 1986 bis 1989)
*[[Sattelstützen]] (belegt für 1971)
*[[Luftpumpen]] (belegt für 1954, 1961 bis 1963)
*[[Gepäckträger]] (belegt für 1971, 1986)
*[[Kettenschützer|Kettenschutz]] (belegt für 1971, 1986)
*[[Kleidernetze#Befestigungen|Kleidernetzhalter]] (belegt für 1966, 1967, 1978)
*[[Schutzbleche]] (belegt für 1953, 1962 bis 1964, 1966 bis 1989)
*Schutzblechbeschläge (belegt für 1963, 1964, 1966, 1967)
*Schutzblechstreben (belegt für 1962 bis 1964, 1966, 1967)
*[[Gabelkopf|Gabelkopfkappen]] (belegt für 1963, 1964, 1966, 1967, 1971)
*Stützräder (belegt für 1967)
 
==Weblinks==
*ausführliche Geschichte des Unternehmens: http://www.fahrradsammler.de/index.php?article_id=18
*Private Internetseite von Dr. Lutz Gebhardt, u. a. mit Tourberichten und Bildern mehrerer MIFA-Testfahrten: http://www.li.lu.free.fr/


[[Kategorie:Hersteller]]
[[Kategorie:Hersteller]]

Aktuelle Version vom 18. Oktober 2022, 21:32 Uhr

Mifa-Logo
  • bis 1945 Mifa Mitteldeutsche Fahrradwerke GmbH, Sangerhausen
  • 1945/1946 Betriebsgesellschaft MIFA - Mitteldeutsche Fahrradwerke
  • ab 1. August 1946 SAG "AWTOWELO" Mifa Mitteldeutsche Fahrradwerke, Sangerhausen
  • ab 1. Juni 1950 VEB Mifa-Werk Sangerhausen VVB IFA, Sangerhausen (Sachs), Kyselhäuser Straße 23
  • ab 1953 VEB Mifa-Werk Sangerhausen, Sangerhausen (Sachs), Kyselhäuser Straße 23
  • ab 1969 IFA Kombinat, VEB Fahrzeug- und Jagdwaffenwerk Ernst Thälmann Suhl, MIFA-Werk Sangerhausen, 47 Sangerhausen, Kyselhäuser Straße 23
  • ab 1973 VEB MIFA-WERK SANGERHAUSEN, 47 Sangerhausen, Kyselhäuser Straße 23
  • ab 1978 VEB MIFA-WERK SANGERHAUSEN, Betrieb des IFA-Kombinat für Zweiradfahrzeuge, 47 Sangerhausen, Kyselhäuser Straße 23
  • ab Anfang 1990 MIFA Mitteldeutsche Fahrradwerke GmbH, 4700 Sangerhausen, Kyselhäuser Straße 23
  • ab November oder Dezember 1990 MDF Mitteldeutsche Fahrradwerke GmbH, O-4700 Sangerhausen, Kyselhäuser Straße 23


 Für Informationen zu den einzelnen Modellen Siehe Modelle Mifa
 Zur Baujahrbestimmung von Mifa-Fahrrädern siehe Datierung Mifa Fahrräder


Geschichte

1907 bis 1949

Die Mitteldeutschen Fahrradwerke (kurz MIFA) wurden 1907 von Emil Schütze und Emil Hesse gegründet. Die ersten Fahrräder wurden unter den Markennamen Barbarossa und Million vertrieben, 1912 erfolgte die Markteinführung der Marke MIFA. Während des Ersten Weltkrieges ruhte die fahrradproduktion, statt dessen produzierte die Firma Rüstungsgüter. Erst ab 1920 wurden wieder Fahrräder gebaut. 1925 gelangten die Mitteldeutschen Fahrradwerke in den Besitz der Druckerei Huck in Berlin; das Werk wurde umfangreich erweitert und modernisiert. 1927 wurden 79.000 Fahrräder hergestellt - damit zählte MIFA zu den größten deutschen Fahrradherstellern. 1926 unterhielt MIFA 260 Verkaufsstellen, von denen mehrere von ehemaligen Rennfahrern betrieben wurden.

MIFA hatte den hohen Werbewert des Radsports frühzeitig erkannt und wurde hier trotz der dafür notwendigen hohen Ausgaben aktiv: Seit 1924 unterhielt MIFA einen sehr erfolgreichen Rennstall und stand besonders mit Diamant und Opel in starker Konkurrenz. Der italienische Weltmeister Alfredo Binda, der Schweizer Heiri Suter sowie die erfolgreichen deutschen Fahrer Bruno und Rudolf Wolke fuhren MIFA-Fahrräder. 1925 gewann Heiri Suter den Grand Prix Wolber, den Vorläufer der UCI-Straßenweltmeisterschaft, auf einem MIFA-Rad. Seitdem hieß das beste Rennrad von MIFA „Meisterschaftsmodell".


Ende der 1920er Jahre endete der wirtschaftliche Aufstieg der MIFA. In den 1930er Jahren wurden nur noch rund 20.000 Räder pro Jahr hergestellt. Eine Ursache kann im Wegfall des bis dahin so erfolgreichen Direktvertriebs gesehen werden, der während der NS-Zeit untersagt war. Bereits ab 1938 wurde der Bau von Fahrrädern zugunsten der Rüstungsproduktion stark reduziert, um 1939 ganz aufgegeben zu werden. Während des Zweiten Weltkrieges wurden u.a. Zünder für Munition gebaut.

Am 12. April 1945 wurde Sangerhausen von US-Streitkräften besetzt, Die Betriebe der Stadt mussten ihre Produktion einstellen. Die MIFA-Werke wurden von US-Soldaten zur Reparatur Ihrer Ausrüstung genutzt. Im April 1945 untersagten die amerikanischen Besatzer die Wiederaufnahme der Fahrradproduktion.

Im Juli 1945 besetzten sowjetische Truppen die Stadt. Noch im selben Jahr wurde die Produktion bei MIFA wieder aufgenommen, Grundlage war der Befehl Nr. 9 zur "Wiederingangsetzung der Produktion". Aus vorhandenen Materialbeständen wurden in den folgenden Monaten kleinere Haushaltsgegenstände (etwa Feuerzeuge, Lockenwickler), zweirädrige Karren und Wagen für Kranke und Invalide hergestellt. Für 1946 sah der Produktionsplan Fahrräder, Kugellager, Einspritzpumpen für Dieselmotore, Feuerzeuge und Lockenwickler vor.

Ab dem 19. Oktober 1945 unterstand MIFA der Provinz Sachsen-Anhalt. Zum 1. August 1946 wurde das Werk Teil der Sowjetischen Aktiengesellschaft "AWTOWELO" und befand sich damit im Eigentum der Sowjetunion. Noch 1946 begann die Produktion von Fahrrädern; in den folgenden Jahren gingen große Teile der Produktion als Reparationsleistung an die Sowjets:

  • 1946: 9.483 Fahrräder (= 100% der Produktion)
  • 1947: 4.800 Fahrräder (= 12% der Produktion)
  • 1948: 35.750 Fahrräder (= 55% der Produktion)
  • 1949: 12.750 Fahrräder (= 15% der Produktion)


1950 bis 1990

Zum 1. Juni 1950 wurden die Mitteldeutschen Fahrradwerke in Volkseigentum überführt. In diesem Jahr wurden rund 115.000 Fahrräder produziert. Bedingt durch den Import von Material für den Rahmenbau aus Westdeutschland, der teilweise durch Liefer-Boykotte unterbunden wurde, lief die Produktion in den ersten Jahren nach der Verstaatlichung nicht nach Plan. So wurden 1951 mit 95.000 Fahrrädern deutlich weniger als im Vorjahr gebaut. Erst 1955 wurden die Planzahlen erreicht bzw. übertroffen. Im Jahr 1953 wurden neue Rahmennummern vergeben und die Zählung wieder bei Null begonnen. Bis dahin hatte MIFA seit seiner Gründung rund 1,2 Millionen Fahrräder gebaut.


Seit Anfang der 1950er Jahre wurden bei MIFA zahlreiche sozial-politische Maßnahmen umgesetzt: Es wurden Patenschaften mit den Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften in Bennungen, Hohlstedt und Wickerde geschlossen; 1953 wurden die Kampfgruppe des Betriebes und die Betriebssportgemeinschaft "Motor", Sektion "Rad- und Rennsport und Saalsport" gegründet. Im März 1955 erhielt MIFA eine moderne Betriebsküche, 1957 wurde ein Betriebskindergarten eingerichtet. Ab den 1960er Jahren besaß MIFA auch eine eigene HO-Verkaufsstelle; in Sittendorf am Kyffhäusergebirge existierte ein Betriebsferienheim. 1963 begann die Ausbildung von Schülern der EOS "Geschwister Scholl" und der POS "Heinrich Heine" im polytechnischen Unterricht. 1967 wurde der Betriebskindergarten für bis zu 120 Kinder erweitert.

1956 kam es zur "Neuentwicklung einer einzigartigen Metallverbindung im VEB Mifa-Fahrradwerk Sangerhausen. Unter Leitung des Chefkonstukteurs Hartwich hat ein Erfinderkollektiv des VEB Mifa-Fahrradwerk in Sangerhausen eine neuartige Metallverbindung entwickelt, die als sensationell bezeichnet werden darf und wesentliche Vorteile vor allen anderen bis jetzt bekannten Verbindungsmethoden aufweist. - In einen zwischen den zwei zu verbindenden Metallen freigelassenen Hohlraum wird unter Druck modifizierter Gummi eingespritzt. Der Gummi verbindet sich fest mit den Metallen und stellt so die Verbindung her. Bis jetzt sind 3 Verfahren möglich: 1. Druckspritzverfahren (mit besonderer Maschine) 2. Druckfließverfahren (mit besonderer Vorrichtung) 3. Wickelverfahren (ohne Maschine und ohne Vorrichtung). Mit dieser Verbindung können runde Körper, Profilkörper, Schraubenverbindungen und Blechverbindungen hergestellt werden." (Bildunterschrift Zentralbild Gerbath, 20.12.1956)

Unter Benutzung des Druckspritzverfahrens wurde auch ein (Muster-)Fahrrad gebaut. In die Serienfertigung ging das neue Verfahren und das vorgestellte Fahrradmodell jedoch nicht. Weitere Informationen dazu sind derzeit nicht bekannt.


Seit 1965 bestand schriftlicher Kontakt zum Fahrradwerk "G. J. Petrowski" in Charkow (UdSSR), von 1970 an arbeitete MIFA mit diesem Fahrradwerk zusammen - untersucht wurden die technologischen Prozesse des Fahrradbaus. 1965 rief der Deutsche Schriftstellerverband zu der Aktion "Fahrräder für Vietnam" auf. Anfang Dezember 1966 übergab MIFA 5.000 Fahrräder an den vietnamesischen Botschafter. Im folgenden Jahr wurden weitere 1.000 Fahrräder für Vietnam gebaut. Für die Ausbildung von vietnamesischen Facharbeitern wurde 1967 ein ehemaliges Hotel gekauft und zum Betriebswohnheim "Deutsch-Vietnamesische Freundschaft" ausgebaut. 1968 wurden 10.000 Fahrräder nach Vietnam exportiert.

Einen internationalen Trend aufgreifend, entwickelte MIFA Mitte der 1960er Jahre ein Klappfahrrad. Allein von von 1967 (Produktionsbeginn) bis 1986 wurden rund 2,4 Millionen dieses Fahrradtypes gebaut. Zu Beginn des Jahres 1969 wurde MIFA Betrieb des IFA Kombinat, VEB Fahrzeug- und Jagdwaffenwerk Ernst Thälmann Suhl. Nachdem bereits 1966 geplant worden war, MIFA ab 1970 zum einzigen Fahrradhersteller der DDR auszubauen, sah die Planung 1969 dies schließlich für die Zeit ab 1973/74 vor. In Folge dessen wurde die Produktion von Sportfahrrädern 1969 vom VEB Elite-Diamantwerke in den VEB Mifa-Werk Sangerhausen verlagert. Die 28"-Sporträder wurden bis 1972/73 im wesentlichen unverändert weitergebaut und besaßen noch bis 1974 das Diamant-Dekor. In den 1970er Jahren erlebte das Fahrrad (auch international) eine Renaissance, weshalb wieder vermehrt Fahrräder gekauft wurden. Die MIFA-Werke allein konnten den nun wieder steigenden Bedarf mit ihrer Produktion nicht decken. So blieb Diamant als zweiter großer Fahrradproduzent bestehen; MIFA lagerte die Produktion von Kinderfahrrädern aus, um Kapazitäten zu schaffen. Am 23. August 1973 lief mit einem fliederfarbenen Klapprad Modell 901 das fünfmillionste Fahrrad der Nachkriegsproduktion vom Band.


Ebenfalls im Jahr 1973 begann MIFA mit der Rationalisierung und Teilautomatisierung der Fahrradproduktion. Im selben Jahr wurde eine neue Produktionshalle für die Galvanik und Schleiferei gebaut, ein Jahr später zwei neue Hallen für die Gabelfertigung.

Mitte der 1970er Jahre arbeitete MIFA mit den Fahrradwerken in Cheb (UdSSR), Czepel (VR Ungarn) und Bromberg (VR polen) zusammen. 1977 wurde die Galvanik und das Sozialgebäude rekonstruiert (neue Wasch- und Umkleideräume, neuer medizinischer Stützpunt).

Seit spätestens 1977 konnten Mifa-Fahrräder auch über den Geschenkdienst Genex erworben werden. Die Fahrräder wurden in diesen Katalogen zwar mit der Modellnummer vorgestellt und beschrieben, der Hersteller wurde jedoch nicht genannt.


In den 1980er Jahren löst die Nestmontage die Fließbandarbeit ab. Eine kleine Gruppe von Arbeitern baute jetzt ein Fahrrad komplett zusammen. Zunehmend wurden moderne Industrieroboter eingesetzt: 1983 ein Rahmenschweißroboter, 1984 auch für andere Fahrradbaugruppen. Auch Einspeichautomaten, die komplette Laufräder fertigten, wurden eingesetzt. 1988 erhielt das Werk eine automatische Lackieranlage.


Ein Bericht in der Zeitschrift Kraftfahrzeugtechnik, Ausgabe 9 1987 erläutert die Produktion Fahrradrahmen in den 1980er Jahren wie folgt: "Hocheffektive Löt- und Schweißverfahren bestimmen das Bild in der Rahmenfertigung. Bei den gemufften Tourenrahmen kommt das maschinelle Flammfeld-Löten zum Einsatz. Vom Bediener werden die komplett gefügten Fahrradrahmen (Bild 4) eingehängt. Nach einer Vorwärm- und Arbeitsstation werden die zehn Verbindungsstellen gleichzeitig gelötet.
Das energieökonomisch günstige metall-Aktivgas(MAG)-Schweißen findet auf Grund der höheren Flexibilität in der Fahrradrahmenfertigung immer breitere Anwendung. Klapp-, Universalfahrräder und das Tourentandem sind beispielsweise als vollgeschweißte Rohrkonstruktion ausgeführt.
Das Nachrichten der gelöteten oder geschweißten Fahrradrahmen zur Gewährleistung von Spurhaltung und optimalen Lenkeigenschaften war eine schwere körperliche Arbeit. Seit 1987 werden dafür rechnergesteuerte Richtmaschinen (Bild 5) in diesem Fertigungsabschnitt eingesetzt.
Daneben hat aber auch handwerkliches Können in der Fahrradproduktion nach wie vor große Bedeutung. Für so hochbeanspruchte Sportgeräte wie die Radballmaschinen muß das Brenner-Löten von Hand auch weiterhin (Bild 6) angewendet werden." (Schäfer, D: Fahrräder für Freizeit und Alltag, in: Kraftfahrzeugtechnik, Nr. 9, 1987, Seite 269)


1984 verließ das zehnmillionste Fahrrad seit der Betriebsgründung im Jahre 1907 das Werk, Ende 1987 dann das elfmillionste Fahrrad seit 1946. Trotz des hohen Ausstattungsgrades mit modernen Maschinen und Robotern konnte MIFA seit 1986 den Plan nicht mehr erfüllen. Grund waren u.a. die mangelhafte Materialqualität, die unzuverlässigen Lieferungen der Zulieferbetriebe und die notwendige Reparatur alter Maschinen. Insgesamt arbeitete der Betrieb äußerst unwirtschaftlich.

In den 1980er Jahren erweiterte Mifa seine Modellpalette umfassend, u.a. mit dem |Gepäckrad „Universal“, den Sporträdern des Typs “Sprint“ und BMX-Fahrrädern. Prototypen eines von MIFA neue entwickelten Montainbikes wurden umfassend getestet, gelangten jedoch nicht mehr in die Serienfertigung. 1985 entstand in Zusammenarbeit mit dem VEB Baumechanik Schwerin ein Tandem. MIFA leistete hierbei die konstruktive Entwicklungsarbeit, gebaut wurde das Tendem ab 1986 in Schwerin im Rahmen der Konsumgüterproduktion.

Nach 1990

Nachdem der VEB MIFA-Werk im ersten Halbjahr 1990 von der Treuhandanstalt in eine GmbH überführt worden war, wurde bereits vom 11. bis 16. Juni des Jahres auf einer Hausmesse eine vollständig neue Modellpalette vorgestellt. Die bislang produzierten Fahrräder waren technisch und gestalterisch zu rückständig, um auf dem freien Markt konkurrieren zu können. Für die in kurzer Zeit neu entwickelten Fahrräder wurden trotzdem teilweise Konzepte der bisherigen Modelle übernommen (z.B. Universalfahrrad, BMX-Fahrrad). Ein Katalog, der auf die Mitte des Jahres 1990 datiert werden kann, stellte diese neue Modellpalette vor, wies aber darauf hin, dass darin "nur die wichtigsten Fahrradmodelle" gezeigt würden. Es ist wahrscheinlich, dass auch ein Rennrad zu den Neuentwicklungen des Jahres 1990 zählt.

Die Fachzeitschrift RadMarkt berichtete im Juli 1990, dass zu jenem Zeitpunkt "grundsätzlich [...] noch keine endgültigen Aussagen über die Bestückung mit Komponenten getroffen werden [können], weil es nicht sicher ist, wer letztendlich als Lieferant bleibt." Insofern müssen die hier aufgeführten Katalogabbildungen als Beispiel für den jeweiligen Fahrradtyp gesehen werden. Über die tatsächliche Ausstattung der produzierten Fahrräder können derzeit keine Angaben gemacht werden. Auffallend ist die gleichzeitige Verwendung von Anbauteilen aus DDR-Produktion und westeuropäischen Komponenten bei manchen der im Katalog abgebildeten Fahrräder.

Die Fahrräder besaßen zunächst keine Modellnummer oder -bezeichnung. Der Katalog nennt nur den Fahrradtyp samt Größe der Laufräder. Im September 1990 stellte Mifa seinen neuen Modelle auf der IFMA (Internationale Fahrrad- und Motorrad-Ausstellung) in Köln vor. Der RadMarkt schrieb dazu im Oktober 1990: "Eine Linie von Rennrädern, City- und Mountainbikes kommt jetzt unter dem Begriff Cephir auf den Markt, eine weitere Linie, die Fahrräder der Mittelklasse umfasst, unter dem Namen Concept." Auch ein Rennrad wurde hier erwähnt, es sollte als "Spitzenmodell" im Handel etwa 1.800 DM kosten. Ob und in welchen Mengen die neuen Fahrradmodelle tatsächlich (sämtlich) im Handel angeboten wurden, ist bislang nicht bekannt.

1991 wurden die MIFA-Werke von der Treuhand an zwei schweizer Geschäftsleute verkauft, 1995 folgte der Konkurs. 1996 übernahmen Peter Wicht und Michael Lehmann die „Mitteldeutsche Fahrradwerke GmbH“ als Eigentümer. 2004 erfolgte der Börsengang. Die im Niedrigpreissektor liegenden Fahrräder wurden aus weltweit zusammengekauften Bestandteilen montiert. Verkauft wurden sie unter verschiedenen Eigen- und Handelsmarken
Nach mehreren Eigentümerwechseln sowie Namensänderungen des fahrradherstellers (MIFA Mitteldeutsche Fahrradwerke GmbH / MIFA Mitteldeutsche Fahrradwerke AG (1996 bis 2014), MIFA-Bike Gesellschaft mbh (2014 bis 2017), Sachsenring Bike Manufaktur GmbH (2017 bis 2020)) erfolgt die Fahrradproduktion seit 2021 durch die zu diesem Zwecke neugegründete Zweirad Union e-Mobility GmbH & Produktion Co. KG.

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Produkte

  • Fahrräder (belegt für 1946 bis 1990)
  • Fahrradrahmen (belegt für 1946 bis 1990)
  • Vorderradgabeln (belegt für 1946 bis 1990)
  • Felgen (belegt für 1953 bis 1989)
  • Lenker (belegt für 1948, 1956, 1957, 1961 bis 1964, 1966 bis 1989)
  • Bremsen (belegt für 1954, 1966 bis 1969)
  • Pedale (belegt für 1948, 1954, 1967 bis 1983, 1986 bis 1989)
  • Sattelstützen (belegt für 1971)
  • Luftpumpen (belegt für 1954, 1961 bis 1963)
  • Gepäckträger (belegt für 1971, 1986)
  • Kettenschutz (belegt für 1971, 1986)
  • Kleidernetzhalter (belegt für 1966, 1967, 1978)
  • Schutzbleche (belegt für 1953, 1962 bis 1964, 1966 bis 1989)
  • Schutzblechbeschläge (belegt für 1963, 1964, 1966, 1967)
  • Schutzblechstreben (belegt für 1962 bis 1964, 1966, 1967)
  • Gabelkopfkappen (belegt für 1963, 1964, 1966, 1967, 1971)
  • Stützräder (belegt für 1967)

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