Steuersätze: Unterschied zwischen den Versionen
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Version vom 21. Mai 2014, 09:34 Uhr
Als Steuersatz (auch Lenkungslager, Steuerlager) bezeichnet man jenes Lager, das die Gabel mit dem Rahmen verbindet. In der DDR-Fahrradindustrie wurde dieses Lager ausschließlich als Gewindesteuersatz ausgeführt und besteht standardmäßig aus folgenden Teilen:
Schematischer Aufbau eines Steuersatzes. Die Funktion der Nasenscheibe wurde mitunter dauch durch andere Teile erfüllt (z.B. Gegenhalter bei Mittelzugbremsen und spezielle Scheinwerferhalter), die statt der Scheibe eingebaut wurden.
Maße
Im Zuge der Wiederaufnahme der Fahrradproduktion wurde in der DDR einer neuer Standard für das Lenklager eingeführt. Dabei wurden die zölligen Maße des weitverbreiteten 1"-Steuersatzes durch metrische Abmessungen ersetzt, die fast nur in der DDR Verwendung fanden. Ausnahme bildeten die Steuersätze für Fahrräder der Hainsberger Metallwerke, für die erst 1951/52 das neue DDR-typische Maß übernommen wurde.
1" x 24 (EN/ISO) | M26 x 1 (DDR) | |
---|---|---|
Gewinde (Nennmaß) | 1" = 25,4 mm | 26 mm |
Steigung (turns per inch) |
24 tpi | 1 mm = 25,4 tpi |
Gabelkonus | 26,4 mm | 26,8 mm |
Lagerschale | 30,2 mm | 30,6 mm |
Gabelschaft (innen) | 7/8" = 22,2 mm | 22 mm |
Hersteller
Unter anderem:
- M. Herrmann & Söhne, Oberfrohna (Sachs) (belegt für 1946)
- Thüringer Kugellagerfabrik (belegt für 1948, 1949, 1951)
- Justin Popp (belegt für 1946, 1948, 1949, 1953 bis 1958)
- VEB Fahrzeugteilewerk Oberfrohna (belegt für 1948 bis 1950, 1953 bis 1958, 1961 bis 1964
- Renak
- Diamant
Ausführungen des VEB Fahrzeugteilewerk Oberfrohna / des VEB Renak
Lenkungslager des VEB Fahrzeugteilewerk Oberfrohna, ab etwa Mitte der 1960er Jahre als WERK III Teil des VEB Renak, waren die Standardsteuersätze in der DDR-Fahrradindustrie und wurden serienmäßig an nahezu allen Fahrradmodellen verbaut. Der Aufbau war einfach und funktional; auf besondere Abdichtungsmaßnahmen gegen Staub und Wasser wurde weitgehend verzichtet. Im Laufe der Jahre wurden nur geringe optische Veränderungen vorgenommen - neben leichten Variationen des Schraubkonus (Riffelung) veränderte man mehrfach die Form der Abschlussmutter. Wie bei den meisten Fahrradkomponenten nahm auch bei den Renak-Steuersätzen die Qualität der Verarbeitung allgemein, speziell die der Oberflächenbehandlung (Verchromung) seit den 1970er Jahren stark ab.
Die Ausführung der markanten Abschlussmutter wurde im Laufe der Jahre mehrfach geändert. Bislang können nur ungefähre Angaben zu den Verwendungszeiträumen gemacht werden.
- SK Mutter 7.jpg
Zeitraum: 1940er/1950er Jahre, hier: 1951Abschlussmutter A
Material: Stahl, verchromt
Bemerkungen: einteilig
Ausführungen von Justin Popp
In Aufbau und Form gleichen die Steuersätze der Firma Justin Popp, produziert bis mind. 1958, im wesentlichen denen des VEB Fahrzeugteilewerk Oberfrohna/VEB Renak.
Der deutlichste Unterschied zu den Steuersätzen anderer Firmen besteht in der Abschlussmutter, die sechseckig ausgeführt wurde.
Ausführung der Hainsberger Metallwerke(?)
Bei diesem Steuersatz, der an Fahrrädern der Hainsberger Metallwerke verbaut wurde (Marken National und Primus), ist noch nicht geklärt, ob er von den Hainsberger Metallwerken selbst produziert oder zugekauft wurde. Für eine Eigenproduktion spricht die Vernickelung, denn auch die von den Hainsberger Metallwerken selbst hergestellten Sattelstützen, Sattelklemmbolzen und Gabelhauben waren vernickelt. Möglich ist aber auch eine Produktion durch die Thüringer Kugellagerfabrik, die nachweislich noch bis mindestens 1951 Steuersätze herstellte.
Zunächst besaß der hier vorgestellte Steuersatz das 1"-Gewinde. Erst bei den letzten Fahrrädern aus Hainsberg um 1951/52 wurde dann das neue Maß verwendet (Wechsel innerhalb der Rahmennummern 530.308 und 552.386).
Ausführung des VEB Fahrradwerke Elite Diamant
Anfang bis Mitte der 1960er Jahre stattete Diamant seine Straßen- und Bahnrennräder mit einem selbst entwickelten Steuersatz aus, der sich von den sonst üblichen Steuersätzen grundlegend unterschied. So waren die obere und untere Lagerschale unterschiedlich gestaltet und statt mit Kugelringen wurde dieser Steuersatz ausschließlich mit losen Kugeln bestückt. Auch wurde die Bauform geändert; statt den zwei Konuslagern (Schrägkugellager) besaß der Diamant Steuersatz zwei Axiallager, bei denen die Wälzkörper auf relativ schmalen Bahnen liefen.
Technisch gesehen waren diese Steuersätze ein Fehlschlag, da die Axiallager nicht geeignet waren, um die im Fahrbetrieb entstehenden Querkräfte (Radialkräfte) aufzunehmen. Das führte besonders bei kleinen Rahmenhöhen und damit kurzen Steuerkopfrohren zu erhöhtem Verschleiß und schneller Rasterung der Lenkung. Deswegen ist dieser Steuersatz heute nur noch selten zu finden. Auch als Ersatzteil dürfte dieser Steuersatz kein großer Erfolg gewesen sein, denn mit 17,20 MDN kostete er viermal so viel wie der langlebigere Renak-Steuersatz.
Bemerkenswert ist außedem, dass die einzelnen Lagerteile gedreht wurden und sehr massiv ausgeführt waren. Vermutlich um das erhöhte Gewicht auszugleichen, wurde die Abschlussmutter aus Aluminium gefertigt.