Modelle Brandenburg
"Brandenburg" ist die Marke eines ehemals in Crinitz/Niederlausitz ansässigen Fahrradherstellers, der eher schlichte Räder in vergleichsweise geringer Stückzahl fertigte. Nicht zu verwechseln mit Rädern verschiedener westdeutscher Hersteller bzw. Konfektionäre, die ebenfalls Räder der Marke "Brandenburg" produzierten.
Geschichte
Firma gegründet durch Otto Herkner, Bruder eines Keramikfabrikanten- das Gründungsjahr ist bislang unbekannt. Bis 1945 Fahrradproduktion der Marke "Herkona". 1946 Demotage der meisten Maschinen. In den folgenden Jahren Herstellung kleinerer Metallwaren für Landwirtschaft und Haushalt.
1951 Enteigung, Umwandlung in den "VEB Fahrradwerk Crinitz N/L". Beginn der Produktion von Fahrrädern der Marke "Brandenburg". Anfang der 1960er Jahre Einstellung der Fahrradproduktion. Nachfolgebetrieb war der "Landmaschinenbau Torgau", der um 1970 im "Kombinat impulsa" (Landmaschinenba) aufging. Dieses Kombinat ging wiederum 1978 im "Kombinat Fortschritt Landmaschinenbau" auf. Am ehemaligen Produktionsstandort in Crinitz befindet sich heute ein Betrieb für Maschinenbau.
Gebaut wurden in Crinitz nur Rahmen und Gabeln, alle anderen Teile waren DDR-Standard-Fahrradteile und wurden zugekauft. Ein Teil der Produktion gelangte als Rahmensets (Rahmen, Gabel, Glockengetriebe, Sattelstütze) in den Handel; diese Rahmen wurden dann von Fahrradhändlern (möglicherweise nach Kundenwunsch) komplettiert. Ebenfalls in Crinitz hergestellt wurden Fahrradlenker, für die es eine eigene Galvanik in der Fabrik gab. Im DHZ-Katalog "Fahrräder, Ersatz- und Zubehörteile" von 1956 wurden "Vorbaulenker "Crinitz", verchromt, mit Innenklemme" angeboten (Preis: 14,74 DM).
Fahrräder - Ausstattung und Modelle
- Linierung, Steuerkopfschilder und Abziehbilder
Die Räder der Marke "Brandenburg" waren anfangs an Rahmen, Schutzblechen und Felgen liniert. Es gab zudem Ringlinierungen an den lackierten Bandverzierungen. Ab etwa 1954 fielen die Linierungen weg. Bei schwarzen späten Rädern sind allerdings auch weiß linierte Schutzbleche bekannt.
Die ersten Fahrräder besaßen noch kein Steuerkopfschild, sondern Abziehbilder in der Farbkombination Gelb-Silber-Rot auf dem Steuerkopf. Ab etwa 1954 gab es ein Steuerkopfschild aus Alu. Bekannt ist die Farbkombination Gelb-Blau. Dieses Schild war vergleichsweise modern gestaltet.
- Abziehbild Steuerkopf.jpg
Abziehbild auf dem Steuerkopf, von 1951bis etwa 1954.
Von 1951 bis etwa 1954 gab es auf dem Unterrohr ein obenliegendes Abziehbild mit dem Schriftzug "Brandenburg". Die Fahrräder ab 1954 hatten dann zwei seitlich auf dem Unterrohr angebrachte Abziehbilder mit neuem Layout. Dazu gab es Olympiaringe, die die Abziehbilder am Unterrohr sowie das Abziehbild am Sattelrohr einfassten. Das kleine Abziehbild unterhalb der Sattelmuffe, das das Gütezeichen sowie eine (Hersteller?-)Nummer zeigte fiel vrmtl. 1954 weg
- BrandenburgAbziehbildUnterrohr.jpg
Schriftzug und Weltmeisterringe auf dem Unterrohr, ab etwa 1954 bois 196?
- BrandenburgAbziehbildSattelrohr.jpg
Herstellerkennzeichnung, Gütesiegel und Weltmeisterringe, ab etwa 1954 bois 196?.
- Lackierung
Farben: - Schwarz - Rot - Blau - Grün - Türkis-Fischsilber - Pink-Fischsilber.
Die Lackierung wurde im DHZ-Katalog von 1956 als "vollständig bunte Emaillierung" beschrieben - farbige Rahmen wurden aber nicht im klassischen Sinne emailliert, sondern lackiert. Keine Grundierung des Rahmens, aber Klarlack als Überzug. Bei Modellen bis etwa Mitte der 1950er Jahre silberne Ringverzierungen an Unter- und Sattelrohr sowie an der Vorderradgabel.
- Ausstattung
Da viele Räder vermutlich nur als Rahmenset an Händler ausgeliefert wurden, lässt sich schwer ermitteln, welche Ausstattung (etwa Anbauteile aus Stahl oder Alu, Lenker und Bremse, Beleuchtung, Sattel etc.) "original" war. Grundsätzlich möglich ist daher die Ausstattung mit Anbauteilen, die im Produktionsjahr des jeweiligen Rahmens verfügbar waren.
Bekannte Ausstattungen: - Alufelgen und Aluschutzbleche mit silbernem Stahlgepäckträger - graue Stahlfelgen und -schutzbleche mit Gepäckträger in Rahmenfarbe - graue Stahlfelgen und -schutzbleche mit grauem Gepäckträger
Mögliche Ausstattung: - silberne Stahlfelgen, -schutzbleche und -gepäckträger.
Es gab vermutlich auch Rahmen, die mit Sportradkomponenten ausgestattet wurden.
- Rahmengeometrie
Durch die Rahmengeometrie (kürzerer Radstand als bei anderen DDR-Tourenrädern der 1950er Jahre, höhere Lage des Tretlagers und des Oberrohres sowie eine schmalere Hinterradgabel) können nur Schutzbleche bis zu einer Breite von 57 mm verbaut werden, deren oben gelegenes Befestigungsloch im Gegensatz zu Schutzblechen für Diamant oder Mifa zudem weiter in Richtung Rahmen liegt.
- Modelle
"Brandenburg"-Fahrräder gab es als Herren- und Damenradmodelle, Kinderräder gab es nicht. Die Damenräder hatten einen sportlichen Rahmen mit geraden Rohren, die Rahmenform glich der von Diamant-, Mifa- und IFA-Touring-Fahrrädern der 1980er Jahre.
Aufgrund fehlender Katalogabbildungen bzw. Kataloge, Prospekte oder Werksphotos des VEB Fahrradwerk Crinitz kann (derzeit) keine Aussage über unterschiedliche Modellvarianten, -bezeichnungen etc. gemacht werden. Generell ist fraglich, inwiefern veröffentlichtes Bildmaterial seitens des Herstellers überhaupt existiert hat. Nach Auflösung der Nachfolgebetriebe sind vermutlich viele, auch firmeninterne, Unterlagen zu "Brandenburg"-Fahrrädern verloren gegangen.
Offizielle Hinweise finden sich bislang nur im DHZ-Katalog (1956), wo "Touren-Rahmen - Herren "Crinitz 26" kpl., bunt emailliert 60,20 DM" und "Touren-Rahmen - Herren "Crinitz 28" kpl., bunt emailliert 67,20 DM" ,jedoch keine Damenrad-Rahmen angeboten wurden.