Mifa Modell 208

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 Diese Seite ist Teil der Modellübersicht des VEB Mifa-Werk Sangerhausen
 in der Unterkategorie Mifa Sporträder


Einordnung in die Modellpalette

Als letzte Neuentwicklung von Mifa in der DDR kann das Sportrad Modell 208, das die Zusatzbezeichnung "Exkurs" trug, gelten. Dabei handelte es sich um eine Weiterentwicklung des Sportrads Modell 207 "Sprint". Vorgestellt wurde das "Exkurs" auf der Leipziger Herbstmesse 1989. Eine entsprechende Damenausführung gab es nicht, jedoch weist eine Notiz in der Zeitschrift "Der deutsche Straßenverkehr" (Ausgabe Oktober 1989) darauf hin, dass das "Exkurs" "[...] in der Damenvariante - mit doppeltem Rahmenoberrohr - 'Mixte' heißt". Möglicherweise war diese Damenausführung des "Exkurs" also zumindest angedacht. Es wäre das erste Fahrrad vom in Westeuropa seit den späten 1970ern sehr populären Mixte-Typ geworden.

Bislang liegen zu diesem Fahrradtyp nur wenige Hintergrundinformationen vor. Einen Hinweis gibt eine Notiz in der Berliner Zeitung vom 8. September 1989, in der über ein neues Sportrad von Mifa berichtet wird: "Das erstmals vorgestellte Sportrad "Exkurs" besitzt eine 10-Gang-Kettenschaltung. Gegenüber früheren Erzeugnissen weist es in nahezu allen Details verbesserte Merkmale auf." Die o. g. Notiz in "Der deutsche Straßenverkehr" beschreibt das neue Modell mit "[g]eänderte[r] Rahmengeometrie, ein[em] unkonventionelle[n] Lenker mit ergonomischen Griffen und [einem] Rennsattel [...]. Geschlossener Bremsschuh und profilierter Bremsgummi fallen bei den Felgenbremsen auf, Seitenständer, Stahlstab-Gepäckträger mit erhöhter Tragfähigkeit, Sicherheitsrahmenpedale und Speichenrückstrahler sind Serienaussatttung. Übersetzungsbereich: 1,80 bis 3,57." Einen weiteren Anhaltspunkt liefert der GENEX-Katalog für das Jahr 1990. Dort wurde das Sportrad unter der Modellnummer 208 angeboten.

Rahmen und Ausstattung

Der Rahmen des Mifa "Exkurs" erscheint jenem bisheriger Sporträder ähnlich, wurde jedoch komplett überarbeitet. Der Nachlauf wurde erheblich verringert. Rahmendreieck und Hinterbau wurden leicht gestrafft. Insgesamt verringerte sich dadurch der Radstand um gut 2 cm im Vergleich zu den bisherigen Sporträdern. Äußerlich erkennbar war die Überarbeitung vor allem an den neu geformten Steuerkopfmuffen und der Sitzmuffe. Bei den Anlötteilen kam eine Zugführungsöse für den Bowdenzug des Umwerfers hinzu. Eine weitere Neuerung stellte die Pletscherplatte am Hinterbau dar. Damit orientierte man sich an einem vor allem bei westdeutschen Fahrrädern der unteren und mittleren Preiskategorie typischen Konstruktionsmerkmal. Im Verlauf des Jahres 1990 ersetzte die Pletscherplatte bei vielen Fahrrädern von Diamant und Mifa den bisherigen Quersteg zwischen den Sitzstreben.

Hinsichtlich der Ausstattung gab es gegenüber den bisherigen Sporträdern von Mifa zahlreiche Veränderungen. Mit 10 Gängen erfüllte Modell 208 durchaus Trekking-Anspprüche, zumal die Getriebeabstufung durch Verwendung eines neuen Ritzelpakets erweitert worden war. Zudem wurde eine neu entwickelte Gangschaltung von Tectoron verwendet, die jedoch nicht den neuesten Entwicklungstendenzen im internationalen Fahrradbau entsprach. Eher unüblich und optisch gewöhnungsbedüftig erscheint das Glockentretlager in Kombination mit einem Doppelkettenblatt. Offenbar sollte damit auf die Keilbefestigung des Pedalarms auf möglichst einfache Weise verzichtet werden. Denn Keiltretlager galten schon damals als nicht mehr zeitgemäß und waren aufgrund nachlassender Materialqualität zunehmend störanfällig geworden. Die Felgenbremsen wurden durch geschlossene Bremsschuhe, profilierte Bremsgummis und Bügelöffner (Seilzugentlaster) verbessert. Neu waren darüber hinaus die Sportpedale, die im Unterschied zu den zuvorigen Modellen solide konstruiert waren. Bei dem Gepäckträger handelte es sich um eine Neuentwicklung von Mifa, für die 1990 auch ein Patent erteilt wurde. Dieser findet sich auch bei vielen Fahrrädern von Diamant und Mifa aus dem Zeitraum 1990/91. Neu waren auch die Schutzbleche, sie waren wiederum aus Aluminium gefertigt, jedoch mittig mit einer breiten Sicke versehen. Ab Ende 1989 wurde außerdem ein neuer Lenker verwendet, der bisher nur für Modell 208 belegt ist. Die ersten Exemplare hatten noch den Lenker in "NSU"-Form. Der Abbildung im Genex-Katalog 1990 nach zu urteilen, waren ferner ein Sattel aus Kunststoff sowie neuartige Lenkergriffe Bestandteil der Ausstattung, offenbar wurden diese jedoch nicht in Serie verwendet, sie fehlen an den bisher bekannten Belegexemplaren. Der in den Gepäckträger integrierte Rückstrahler wurde offenbar erst ab 1990 angebaut.

Lackierung und Rahmendekor

Bisher sind nur zweifarbig lackierte Exemplare bekannt geworden (weiß/schwarz, hellblau/schwarz und rot/schwarz). Der Gabelkopf war in Rahmenfarbe lackiert. Auffällig ist das überarbeitete Rahmendekor, das 1990 (noch vor der Auflösung des VEB Mifa-Werk Sangerhausen) auch für alle übrigen Fahrradtypen übernommen wurde, sowie der Schriftzug "Exkurs" am Unterrohr. Dieser ist in zwei verschiedenen Ausführungen bekannt, wobei Exemplaren mit dem Radfahrer-Symbol im Schriftzug offenbar das Sattelrohrdekor fehlt. Ob es sich dabei möglicherweise um eine vom Genex-Modell abweichende, gegen Ostmark erhältliche Ausführung handelte, konnte bisher nicht geklärt werden.

Charakteristik des Fahrrades

Zwar gelang es durchaus, mit dem neuen Modell "Exkurs" dem vor allem auf westlichen Märkten erkennbaren Trend hin zum Trekkingbike zu folgen, doch die Beibehaltung der Zubehörteile aus DDR-Fertigung setzte dem Vorhaben, mit internationalen Entwicklungstendenzen Schritt zu halten, enge Grenzen. Die verwendeten Komponenten waren solide, der technische Fortschritt der damaligen Zeit wie Präzisions-Schaltwerke und Industrietretlager wurde jedoch nicht aufgegriffen. Dennoch kann nicht übersehen werden, dass man Ende der 1980er Jahre bemüht war, nach jahrelanger Stagnation mit vertretbarem Aufwand eine größere Anzahl sportlich ausgelegter Fahrräder anzubieten, die sich auch für Trekking-Zwecke eigneten. Den sich verändernden Käuferwünschen stand bisher nur eine sehr schmale Sortimentspalette gegenüber, doch war Ende der 1980er Jahre zumindest in Ansätzen eine Neuausrichtung des Angebots zu beobachten. So entwickelte entwickelte Mifa zeitgleich auch einen Prototypen eines Mountainbikes.

Aufgrund der kurzen Bauzeit dürften nur noch wenige Fahrräder dieses Typs entstanden sein. Einige der beim Modell 208 eingeführten Neuerungen wurden ab Anfang 1990 auf die übrigen Sportrad-Modelle von Mifa übertragen, so etwa die Schutzbleche, die neugestalteten Rahmenmuffen, der Gepäckträger und die Pletscherplatte am Hinterbau.

Galerie

Anlötteile am Rahmen

Verwendungszweck Bemerkungen
Zugführung für hint. Felgenbremse
Zugführung für Kettenschaltung
Zugführung für Umwerfer
Luftpumpenhalterung am Unterrohr
Halterung für Dynamo an der Vorderradgabel
Halterung für Speichenschloss an der linken Sitzstrebe

Technische Merkmale