Mifa Modell 1001
Diese Seite ist Teil der Modellübersicht des VEB Mifa-Werk Sangerhausen
in der Unterkategorie Mifa BMX-Fahrräder
Einordnung in die Modellpalette
Ab Mai 1988 produzierte Mifa als Antwort auf den damaligen Trend im westlichen Ausland ein Bicycle-Motocross (BMX)-Rad. Damit wurde in der DDR erstmals ein Fahrrad mit einer Zweckbestimmung für den Cross-Einsatz hergestellt.
Rahmen und Ausstattung
Die für BMX-Räder typischen konstruktiven Merkmale wurden am Modell 1001 konsequent umgesetzt. Dazu wurde auf die Verwendung standardisierter Bauteile vielfach verzichtet und ein ausgereiftes, vollwertiges BMX-Rad geschaffen. So wurden beispielsweise die 5-Kant-Profil-Felgen aus Aluminium, produziert im VEB Walzwerk Hettstedt, in speziellen Wäremeöfen "ausgehärtet", die Festigkeit wurde so auf bis zu 240 Megapascal erhöht. Die Speichen waren verstärkt. Das Rad war mit einem Glockentretlager sowie Rücktrittbremsnabe und Felgenbremse vorn ausgestattet. Die Lenkerbügelaufnahme war mit einer Vierpunktklemmung letztlich befriedigend gelöst, der Rahmen insgesamt durchaus stabil und für den Einsatz beim BMX-Sport geeignet. Eine Beleuchtungsanlage wurde ab Werk nicht montiert, jedoch (wie auch eine Fahrradklingel) zur Selbstmontage beigelegt. Konstruktive Einzelheiten sind dem folgenden Abschnitt zu entnehmen.
Hintergrund zur Entwicklung eines BMX-Rades
Der Abteilungsleiter Forschung und Entwicklung im VEB Mifa-Werk Sangerhausen, Dipl.-Ing. D. Schäfer, berichtete in der Zeitschrift Kraftfahrzeugtechnik, Ausgabe 9/1988 über das BMX-Crossfahrrad wie folgt:
"1. Vorbemerkungen
Wie bereits in der KFT 7/88 kurz gemeldet, konnte im Mai dieses Jahres die Serienproduktion von BMX-Crossfahrrädern 20" im VEB Mifa-Werk aufgenommen werden. Seit einiger Zeit besteht nach solch einem Spezialfahrrad für Kinder eine hohe Nachfrage. Nicht das möglichst schnelle Tourenfahren steht bei solch einem Erzeugnis im Vordergrund, sondern das geschickte Bewegen im Querfeldeinbereich. Mit dem Typ 1001 wird für Kinder im Alter von 8 bis 13 Jahren ein ideales Spiel- und Sportgerät angeboten. Das Fahren ist im natürlichen Gelände oder auf speziell hergerichteten BMX-Strecken möglich, aber auch städtisches Terrain bietet mit Stufen und Absätzen Übungsmöglichkeiten. BMX - das international verwendete Kürzel - ist von Bicycle-Moto-Cross (im Sinn von Fahrrad-Crossfahren) abgeleitet. Vergleiche zur Nutzung solcher 'Spezialvelos' bestätigen, daß es sich hier nicht um eine flache Modewelle handelt. Das Crossmodell eignet sich zwar nicht als 'Lernfahrrad', dafür eröffnet es den Kindern vielfältige Übungsmöglichkeiten zum Beherrschen des Zweirades. So kann z. B. das spätere Mopedfahren durch dieses Training in der Fahrsicherheit vorbereitet werden.
2. Konstruktive Voraussetzungen für den Crosseinsatz
2.1. Zuverlässlichkeitsnachweis
Die gestalterische Konzeption orientiert auf ein typenbezogenes Erscheinungsbild, das als Synonym zum Cross-Motorrad anerkannt werden soll. Außerdem musste die völlig andere "harte Fahrweise" in der Dimensionierung berücksichtigt werden. Da keine gesicherten Erkenntnisse aus der Literatur bekannt waren, war ein experimenteller Nachweis zur Nutzungsdauer erforderlich. Auch die Analogien zum Motorrad im Crosseinsatz brachten keine weiteren Hinweise zur Auslegung, denn die einfach Fahrradkonzeption sieht z. B. keine Federung von Rahmen und Gabel vor. Insbesondere galt es zu klären, welche Beanspruchungsspitzen bei solchen Fahrzyklen wie Sprung, Böschungs- und Treppenabfahrt auftreten. An Gabel und Rahmen wurden dazu Dehnmeßstreifen appliziert. Ein Schleppkabel gewährleistete die synchrone oszillografische Aufzeichnung der Materialbeanspruchung an den entsprechenden Rohrverbindungen der Konstruktion. Bei der Treppenabfahrt (Bild 1) als einem Übungselement wurden die maximalen Spannungsausschläge ermittelt. Mit diesen Meßfahrten unter realen Nutzerbedingungen konnten vielfältige Erkenntnisse gewonnen werden, um dieses Sportgerät auch für härteste Fahrzyklen sicher auszulegen. Vergleicht man mit der Fahrt auf einer ebenen Asphaltstraße, so treten bei Geländefahrten oft 4-5mal höhere Beanspruchungen auf. Das Erzeugnis mußte deshalb als sehr robuste Schweißkonstruktion gestaltet werden. Ergänzende Betriebsfestigkeitsversuche bestätigten die geforderte Nutzungsdauer des Erzeugnisses.
2.2. Technische Charakteristik
Um die Anpassung an die Geländenutzung mit der völlig anderen Fahrweise zu sichern, sind nachfolgende konstruktive Maßnahmen hervorzuheben:
- vergrößerte Bodenfreiheit des untenstehenden Pedals auf 160 mm (siehe auch Bild 2);
- breiter Crosslenker (620 mm), um dem größeren Lenkmoment zu begegnen, abrutschsichere Griffe;
- Drahtreifen 47-406 (20 x 1 3/4") mit Stollenprofilhöhe 2,5 mm;
- Abrutschsicheres gezahntes Stahlrahmenpedal, da zu rd. 60% stehend gefahren wird;
- mit der niedrigen Übersetzung 36:20 (1,8) sind günstige Voraussetzungen gegeben, um Zwischenanstiege leicht zu überwinden, aber auch für Balanceübungen am Ort;
- unbedingt notwendig sind die textilen Stoßschützer am Oberrohr, an der Lenkerquerstrebe und an der Lenkerspannung, da die Kinder mit dem Körper vielfältige Reaktionsbewegungen im ständigen Wechsel ausführen; damit wird ein guter Dämpfungseffekt erreicht;
- mit profilierten Bremsgummis an der vorderen Felgenbremse wird das Naßbremsverhalten merklich verbessert.
Elektrische Lichtanlage und Fahrradglocke gehören nicht zur Grundausstattung. Bei ausschließlich sportlicher Nutzung mit meist stoßartiger Belastung könnte es leicht zur Kollision der Lichtmaschine mit den rotierenden Speichen kommen. Wird aber eine 'artfremde Nutzung' auf Straßen gewünscht, so ist mit wenigen Handgriffen das Nachrüsten entsprechend der StVZO min handeslüblichen Teilen möglich Positionen 1, 2, 3, 4 im Bild 2). Auch Speichenrückstrahler können zur guten seitlichen Erkennbarkeit bei Dunkelheit (Pos. 5 im Bild 2) in die Laufräder geklemmt werden.
3. Zusammenfassung
Die Aufnahme de Serienproduktion von Crossfahrrädern in der Baugröße 20" eröffnet eine neue, abwechslungsreiche Möglichkeit der Fahrradnutzung. Vom Produzenten wurde eine solide Kosntruktion verwirklicht, die voll der Querfeldeinfahrweise Rechnung trägt. Unter dem Motto 'BMX - das Freizeitvergnügen für junge Radfahrer' wird der Anschluß an den internationalen Erzeugnistrend erreicht. Neben dem spielerischen Einsatz des MBX-Crossfahrrades in Standardausführung wird gleichzeitig die materielle Grundlage für diese neue Sportart gelegt."
(Schäfer, D: Radfahren als Bewegungsschule in einem neuen Umfeld: BMX-Crossfahrrad 20" für Sport- und Spielbetätigung, in: Kraftfahrzeugtechnik, Nr. 9, 1988, Seite 282-283).
Nachfrage und Produktionsumfang
Da die neuartigen BMX-Räder im Westen bereits ab Anfang der 1980er Jahre produziert wurden, hatte sich in der DDR im Laufe der 1980er Jahre eine große Nachfrage angestaut. Entsprechend schwer erhältlich war das BMX 1001 zu seiner Serieneinführung 1988. Einem Fahrradladen in Greifswald beispielsweise wurden ca. 10 Räder zugeteilt, die sofort ausverkauft waren. Möglicherweise war die anfangs schlechte Verfügbarkeit dieses Fahrrads auch ein Grund dafür, dass es nicht im Mifa-Katalog von 1989 erwähnt wird. In den "Genex"-Katalogen von 1989 und 1990 dagegen wurde es aufgeführt und als "BMX Cross-Rad 1001.1" für 220,- DM angeboten. In der DDR kostete es 415,- Mark, damals ein hoher Preis für ein Jugendfahrrad, der aufgrund der besonderen Konstruktion jedoch auch gerechtfertigt erscheint. Ein noch deutlich höherer Preis wäre erforderlich gewesen, um der Nachfrage tatsächlich zu entsprechen. Nach der Währungsunion im Juli 1990 wurde das Mifa BMX-Rad für 299 DM angeboten.
Die Produktion startete mit veranschlagten 10 000 Stück für 1988. Für den Einsatz bei Wettkämpfen wurde ab Ende 1989 das BMX-Fahrrad Modell 1002 angeboten
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Technische Merkmale
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