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Version vom 26. Januar 2018, 17:52 Uhr
Fahrräder mit Hilfsmotoren
Eine eher kurzfristige Erscheinung im Straßenverkehr der 1950er Jahre waren die Fahrräder mit Hilfsmotoren. Sie waren konstruktiv noch unterhalb der für die 1930er Jahren typischen Motorfahrräder (mit 98 cm³-Motor) angesiedelt. Die Hilfsmotoren konnten an handelsübliche Fahrräder montiert werden und waren zur Ergänzung des Moped- und Motorradangebotes gedacht. Nach nur wenigen Jahren war die Phase der Hilfsmotoren jedoch vorbei. Wenn sich schon das HMW-Motorfahrrad kaum gegen die leistungsstärkeren Mopeds und Motorräder von MZ und Simson durchsetzen konnte, so galt dies umso mehr für die verschiedenen Hilfsmotoren. Sowohl Käufer als auch Konstrukteure mussten zudem einsehen, dass ein handelsübliches Fahrrad selbst mit einem nur etwa 1 PS leistenden Hilfsmotor überfordert war. Bedingt durch die eher unkultiviert laufenden Zweitakter kam es häufig zu Speichenbrüchen, selbst Rahmenschäden waren im Dauerbetrieb nichts Ungewöhnliches, weshalb z.B. Diamant auch ausdrücklich "Fahrräder, in die ein Hilfsmotor eingebaut ist oder war" von der Garantie ausschloss. Wegen dieser Probleme, aber auch wegen der besser werdenden Verfügbarkeit von vollwertigen Krafträdern verschwanden die Hilfsmotoren nach 1960 recht schnell wieder aus dem Straßenbild. Ersatzteile - zumindest für den "MAW" und den "Steppke" - wurden jedoch noch einige Jahre weiter produziert.
MAW
Das wohl erfolgreichste Produkt des VEB Meßgeräte und Armaturenwerk "Karl Marx" (MAW) war ein Anbaumotor, der in verschiedenen Varianten z.B. als Hilfsmotor für Fahrräder, aber auch für Boote konzipiert war. Er wurde von Rudolf Bauer konstruiert und kostete anfangs 485 Mark, ab 1956 dann bis mind. 1958 285 DM, ab spätestens Juni 1960 wurden "MAW"-Fahrradhilfsmotoren teilweise zum Sonderpreis von 225 DM verkauft. 1961 lag der reguläre Verkaufspreis schließlich bei 158 DM. Der Motor wurde von 1954 bis 1961 gebaut.
Optisch und konstruktiv ähnelt der Motor sehr stark dem Hilfsmotor der Westberliner AMO Motoren GmbH Berlin-Schöneberg (1950 bis 1953 gebaut). Ob es sich beim MAW-Hilfsmotor um eine Kopie des AMO-Motors handelt, oder ob er auf legalem Wege nachgebaut wurde, scheint noch nicht geklärt.
Im Buch "Kleinkraftfahrzeuge" von Ingenieur Utz Rochel (1955) wird der MAW-Anbaumotor mit "Brummer" betitelt. Dieser Name konnte sich bei den Nutzern des Motors (bis heute) offensichtlich nicht durchsetzen. Es blieb im Allgemeinen bei der Bezeichnung MAW.
Der Motor war ausschließlich als Zubehörteil erhältlich und wurde mit Schellen an das linke hintere Rahmenteil bei Herren- und auch Damenfahrräder angebaut. Durch eine Spreizkupplung und eine kurze Kette wurde die Kraft auf das Hinterrad übertragen. Wegen der wirkenden Kräfte waren die Hinterräder mit stärkeren Speichen ausgestattet und der Anbau war an allen handelsüblichen Fahrrädern möglich. Die Tanks für den notwendigen Benzinvorrat waren unterhalb des Sattels angebracht, am Lenker befand sich ein Dekompressionshebel zum Ausschalten des Motors. Die Höchstgeschwindigkeit war offiziell mit 35 km/h angegeben; von Nutzern dieser Fortbewegungsart sind aber auch Geschwindigkeiten von über 50 km/h überliefert. Mit der erzielten Serienreife 1956/1957 war aber die Blütezeit eines Anbaumotors durch die Simson-Mopeds SR1 und SR2 längst überholt. Diese Art des Fahrradantriebes verschwand deshalb recht schnell vom Straßenbild.
Die Motoren-Produktion begann 1954, vrmtl. im August oder September. Noch im ersten Jahr wurden nach offiziellen Angaben 9.500 Motoren hergestellt, davon allein 500 Stück für die Werksangehörigen. Verkaufsstart war vrmtl. erst im Jahr 1955. Bis 1961 wurden insgesamt rund 170.000 MAW-Motoren gebaut.
Auf Basis des MAW-Triebwerks entstanden auch Krankenfahrstühle, der Seitenbordmotor "Pfeil" (ab Herbst 1959), Rasenmäher, Kleinstmotorroller (u.a. der Typ "Klein Mego") sowie ein Motorfahrrad der Firma Alfred Hammer.
"Auf der Delegiertenkonferenz der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands des Kreises Magdeburg - Südost überreichten Kollegen des volkseigenen Meßgeräte- und Armaturenwerkes "Karl Marx" der neuen Kreisleitung den ersten Fahrradhilfsmotor, Sie haben sich verpflichtet, 1954 9 500 Sück davon herzustellen. Der Fahrradhilfsmotor findet bei den Delegierten grosses Interesse." (Februar 1954)
"Wenn die Motoren ihren Probelauf hinter sich haben und als in Ordnung befunden werden, bekommt sie die junge Mechanikerin Helga Bräuner als letzte, um das Öl aus dem Kurbelgehäuse abzulassen und um die Erzeugungsnummer einzuschlagen. Mit der "Geburtsurkunde" und dem Garantieschein versehen, kommen die Motoren dann in die Packerei, um ihren Weg zu dem Käufer anzutreten." (September 1954)
Eintrag zum MAW-Hilfsmotor "Brummer" in "Kleinkraftfahrzeuge" von Ingenieur Utz Rochel (1955).
- MAWAnleitung1.jpg
Informationen zum MAW-Hilfsmotor, 1950er Jahre.
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Informationen zum MAW-Hilfsmotor, 1950er Jahre.
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Informationen zum MAW-Hilfsmotor, 1950er Jahre.
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Informationen zum MAW-Hilfsmotor, 1950er Jahre.
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Informationen zum MAW-Hilfsmotor, 1950er Jahre.
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Informationen zum MAW-Hilfsmotor, 1950er Jahre.
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Informationen zum MAW-Hilfsmotor, 1950er Jahre.
Hersteller
- VEB Messgeräte und Armaturenwerk "Karl Marx" (ab 1960: VEB Magdeburger Armaturenwerke)
Technische Daten MAW
- Hubraum: 49,5 ccm
- Leistung: 1,3 PS
- Gewicht des Motors: 6 kg
- Tankinhalt: 2,3 Liter
- Kraftübertragung: mittels Kette auf das Hinterrad
Steppke
Markenname für einen Fahrradhilfsmotor, der im Herbst 1953 auf der Leipziger Messe vorgestellt wurde und von 1954 bis 1956 vom VEB Werkzeugmaschinenfabrik Treptow (Berlin) produziert wurde. Beachtenswert ist, dass bereits im September 1952 im "Amtlichen Führer durch die Leipziger Messe" ein "Steppke"-Hilfsmotor mit "18 ccm" aufgeführt wurde, hergestellt vom VEB Gerätewerk Berlin-Friedrichshagen, Berlin-Friedrichshagen, Peter-Hille-Straße 111.
Gebaut wurden wurden ca. 30.000 Motoren - nach dem MAW-Hilfsmotor war der "Steppke" somit der am zweithäufigsten produzierte Fahrrad-Anbaumotor in der DDR. 1956 betrug der Preis für den "Steppke" 250 DM.
Montiert wurde der Motor unter dem Tretlager. Die Kraft wurde durch eine Reibrolle, die mit einem Gestänge betätigt wurde, auf das Hinterrad übertragen. Konzeptionell und optisch hatte der "Steppke" große Ähnlichkeiten mit dem italienischen Fahrrad-Hilfsmotor Mosquito.
Hersteller
- 1952 VEB Gerätewerk Berlin-Friedrichshagen, Berlin-Friedrichshagen, Peter-Hille-Straße 111
- 1953 bis 1956 VEB Werkzeugmaschinenfabrik Treptow, Berlin-Treptow, Kiefholzstraße 1/4
Technische Daten Steppke
- Motor: 1-Zylinder-Zweitakt
- Leistung: 0,8 PS
- Hubraum: 38,5 cm³
- Hub: 40 mm
- Bohrung: 35 mm
- Verdichtung: 6:1
- Kühlung: Luftkühlung (Fahrtwind)
- Kraftübertragung: sechsfach verstellbare Reibrolle auf das Hinterrad wirkend
- Leergewicht: 6,6 kg
- Höchstgeschwindigkeit: 35 km/h
Eintrag zum "Steppke" in "Kleinkrafträder" von Utz Rochel, 1955.
Simson-Fahrrad mit "Steppke"-Anbaumotor.
Haza 25 D
Eine Sonderstellung unter den DDR-Hilfsmotoren nimmt der vom Dresdner Unternehmer Gottlieb Haza und dem Konstrukteur Max Rietscher entwickelte und 1954 vorgestellte Haza 25 D ein. Nicht nur weil es einer der wenigen von einem Privatunternehmen in Serie gebaute Hilfsmotor war, sondern auch weil dessen Zweitakt-Selbstzünder-Prinzip ("Diesel") von keinem anderen DDR-Hersteller genutzt wurde. Als Vorbild diente stattdessen der westdeutsche Lohmann-Motor. Wie dieser verfügte der Haza 25 D über einen variablen Brennraum, mit dem die Kompression über einen Drehgriff am Lenker eingestellt und der Motor so gesteuert werden konnte. Dass auch der Start nur bei der richtigen Wahl der Kompression möglich war, überforderte die meisten Kunden und sorgte neben verschiedenen anderen Problemen für zahlreiche Reklamationen. Die technischen Probleme, aber vor allem der Preisverfall durch die Konkurrenz der anderen Motoren-Hersteller und die staatliche Regulierung zwangen Gottlieb Haza letztlich die verlustreiche Motorenproduktion 1958 nach etwa 1.500 Stück einzustellen. Hersteller-Hinweise zu Hilfsmotoren von Gottlieb Haza finden sich im Bezugsquellennachweis Wer liefert was? der Jahrgänge 1952 bis 1955.
Hersteller
- Zentrifugen- und Motorenbau G. Haza, Dresden N 13, Radeburger Straße
Technische Daten Haza
- Motor: 1-Zylinder
- Leistung: 0,9 PS
- Hubraum:
- Hub:
- Bohrung:
- Verdichtung: variabel
- Kühlung: Luftkühlung (Fahrtwind)
- Kraftübertragung: Reibrolle auf das Hinterrad wirkend
- Leergewicht:
- Höchstgeschwindigkeit: ca. 30 km/h
Kratmo
Von 1947 bis 1951 baute Walter Kratzsch im thüringischen Gößnitz (Kreis Altenburg) Fahrradhilfsmotoren, die unter dem Namen Kratmo bekannt waren. Belege über die Produktion dieser Motoren finden sich u.a. im Bezugsquellennachweis Wer liefert was? der Jahrgänge 1948 und 1950. Ein Artikel in der NEUEN ZEIT vom 20. Januar 1949 berichtete, dass "[...] nacheinander zwei Typen von Einbaumotoren für Fahrräder gebaut worden [sind]; der 38-ccm-Motor wird wahrscheinlich in aller Kürze von einem Magdeburger Werk in Lizenz genommen werden. Da es nicht möglich ist, die elektrische Ausstattung von Bosch zu beziehen, ist in Gößnitz ein eigener Zündmagnet konstruiert worden, der sich im Versuchsbau durchaus bewährt hat." Im "Bezugsquellen-Nachweis für den Einkauf" von 1950 werden "Fahrradmotore, Fahrräder mit Motor [und] Auto mit Heckmotor-Antrieb" als Produkte der Firma aufgeführt.
Das erste Motoren-Modell 35 FM besaß laut einer Beschreibung von 1948 eine Mehrscheiben-Lamellen-Kupplung, Zweiganggetriebe (Kurbeltrieb und Getriebe in einem Block), dreifach gelagerte Kurbelwelle, Zündlichtmaschine und Absaugkühlung.
Das zweite Motoren-Modell (vrmtl. 40 FM) wurde ab spätestens 1950 und offenbar in zwei Varianten gebaut - Unterlagen aus dem Jahr 1950 nennen unterschiedliche Angaben zu Hub und Bohrung (37x37, 41x35) sowie zu Kupplung und Kraftübertragung (Trockenkupplung und Reibrad, Reibradkupplung und Kettenantrieb). Der Preis betrug zuletzt 270 DM.
Walter Kratzsch ging in den frühen 1950er Jahren in die Bundesrepublik und entwickelte dort 1955 einen 50ccm-Mopedmotor.
Spätestens ab 1952 wurden für die Fahrradhilfsmotoren Student Typ KM (ab 1953 offenbar vom VEB (K) Metallwarenfabrik Zella-Mehlis gebaut bzw. eine Serienproduktion geplant) und das Fahrrad-Einbau-Aggregat Famolette technische Pläne und Daten zum Selbstbau angeboten. Sitz des Ingenieusbüros von Bernhard-Hellmuth Kratzsch war Zella-Mehlis i. Thür.
Hersteller
- bis 1951 Motorenbau Walter Kratzsch, Gößnitz (Thür.), Taupaler Weg
- ab 1952 Technisches Büro für Verbrennungsmotoren Ing. Bernhard-Hellmuth Kratzsch, Zella-Mehlis i. Thür., Stalinstraße 18
Technische Daten Kratmo 35 FM (1. Modell)
- Motor: 1-Zylinder
- Leistung: knapp 1 PS
- Hubraum: 35 cm³
- Hub: 35
- Bohrung: 36
- Verdichtung: ??
- Anzahl der Gänge: 2
- Kühlung: Gebläsekühlung
- Kraftübertragung: mittels Kette auf das Hinterrad
- Leergewicht: ca. 7,5 kg; mit Tank, Kettenrad und Motorträger ca. 10 kg
- Durchschnittsgeschwindigkeit: 25 km/h
Technische Daten Kratmo 2. Modell (vrmtl. Kratmo 40 FM)
- Motor: 1-Zylinder
- Leistung: rund 1 PS
- Hubraum: 40 cm³
- Hub: 37 / 35
- Bohrung: 37 / 35
- Verdichtung: ??
- Anzahl der Gänge: ??
- Kühlung: Gebläsekühlung
- Kraftübertragung: mittels Kette auf das Hinterrad / Reibrolle auf das Hinterrad wirkend
- Leergewicht: ??
- Höchstgeschwindigkeit: ??
Technische Daten Famolette (vrmtl. nur als Bauplan angeboten)
- Motor: 1-Zylinder
- Leistung: 0,75 PS/1 PS
- Hubraum: 34cm³/40 cm³
- Hub: ??
- Bohrung: ??
- Verdichtung: ??
- Anzahl der Gänge: ??
- Kühlung: ??
- Kraftübertragung: ??
- Leergewicht: ??
- Höchstgeschwindigkeit: ??
Technische Daten Student Typ KM (vrmtl. nur als Bauplan angeboten)
- Motor: 1-Zylinder
- Leistung: ??
- Hubraum: 34cm³/40 cm³
- Hub: ??
- Bohrung: ??
- Verdichtung: ??
- Anzahl der Gänge: ??
- Kühlung: ??
- Kraftübertragung: Reibrolle auf das Vorderrad wirkend
- Leergewicht: ??
- Höchstgeschwindigkeit: ??
Student
Nachdem der Hilfsmotor Student des VEB (K) Metallwarenfabrik Zella-Mehlis auf der Leipziger Messe (vrmtl. Herbstmesse 1953) vorgestellt worden war, erschien in der Ausgabe 1/1954 der Zeitschrift "Das Fahrzeug" ein ausführlicher Artikel zum "Student":
"[...] Der Hilfsmotor 'Student' des VEB (K) Metallwarenfabrik Zella-Mehlis ist ein ausgesprochener HIMO. Beim Entwurf lag nur das Ziel zugrunde, einen einfachen, betriebssicheren und schnell anbaufähigen Kleinmotor zu schaffen, der es erlaubt, das Fahrrad in der Ebene gewissermaßen ständig im Freilauf gehen zu lassen und am Berg dem Fahrer das Treten zu erleichtern. Einfachste Bedienungs- und Wartungsmöglichkeiten ergeben sich natürlich nur mit einfachstem Bauaufwand, weshalb der Motor als sogenannter Reibrollenzweitakter ohne jede Untersetzung der Kurbelwelle über dem Vorderrad angeordnet wurde und dasselbe antreibt. Man wird jetzt fragen: 'Warum wieder eine Reibrolle, die schon so viele Male war, sich nicht bewährte und womöglich die Reifen stark verschleißt?' Diese Frage ist schnell beantwortet. Nehmen wir einen Zahnkranz und befestigen diesen zwischen den Speichen des Hinterrades, um nur ein Beispiel anzuführen, so besteht die Gefahr, daß die normalen Fahrradspeichen die Belastung auf Dauer nicht vertragen. Stärkere Speichen wären also notwendig. Das gleiche zeigt sich auch bei den zwischen den Speichen befestigten Riemenfelgen. Die Tatsache, daß Fahrradmotorenhersteller ihre Fahrräder mit eigenem Motor bei Kettenantrieb schon mit stärkeren Speichen ausrüsten (z. B. Viktoria) sind hierfür Beweis.
Ketten und Riemen mit den dazu erforderlichen Zahnkränzen und Felgen und der dazu unerlässlichen Kupplung fallen in das Gebiet der Mopeds.
Die bisher gewonnenen Erfahrungen mit dem 'Student' bestätigen, daß mit einem HIMO, wenn er nur mit Reibrolle arbeitet, das Fahrrad nicht zusätzlich beansprucht wird, wesentliche Bauteile des Rades also nicht der Gefahr ausgesetzt sind, nach längerer Zeit etwa verformt zu werden.
Der Motor
Es handelt sich um einen Einzylinder-Dreikanal-Zweitakter mit Graugußzylinder und abnehmbaren Leichtmetallzylinderkopf. Das Hauptbauteil bildet ein Rollengehäuse aus Alu, das über dem Vorderrad reitet. In Fahrtrichtung gesehen, hängt rechts der Motor, links ist der Schwungmagnetzünder angeflanscht. Kurbelgehäuse und Magnet sind mit einer Blechkappe verdeckt. Über dem Rollengehäuse ist leicht abnhembar der Kraftstofftank (2 Liter) befestigt. Die Kurbelwelle ist einarmig und zweimal in Kugellagern gelagert. Im Rollengehäuse hat in einem besonderen Tunnel die Stahlreibrolle (profiliert) Platz. Zur Schmutzabschirmung sind am Rollengehäuse seitlich innen Schutzbleche angebracht. Der Auspuff geht nach unten und ist so gerichtet, daß der Fahrer von den Auspuffgasen nicht belästigt wird. Die Aufhängung des Motors geschieht mit einem Bolzen an einem besonderen Träger, der mit wenigen Griffen und mit handelsüblichem Werkzeug am Fahrrad angebracht wird, wobei nur das vordere vor den Lenker liegende Stück Schutzblech abschnitten wird. Als Vergaser dient ein Schwimmervergaser der Type KB 14 (VEB Berliner Vergaserfabrik), Düse 55. Neuerdings wird der neue von der BVF-IFA eigens für die Fahrradmotoren entwickelte Ringschwimmervergaser HG-10, Düse 45 verwendet, womit bessere Leistungen zu erwarten sind. Die Zylinderbohrung ist 36 mm, der Hub 40 mm, der Hubraum beträgt 40,7 ccm. Bei einer Drehzahl von 5000 U/min leistet der Motor etwa 1 PS bei einem durchschnittlichen Verbrauch von 1,5 Litern auf 100 km Fahrstrecke.
Der Antrieb geschieht durch eine profilierte Stahlreibrolle im Verhältnis 1:17,8 (bei 28 Zoll Reifen) direkt auf dem Vorderrad. Vom Lenker aus kann der Motor mit einem Bowdenzug abgehoben werden, es ist damit ausgekuppelt. Rechts am Lenker ist der Gashebel angebracht, womit die Geschwindigkeit geregelt wird.
Die Fahreigenschaften
Der etwa 6 kg schwere Motor über dem Vorderrad erschwert die Lenkung nicht. Der Start gelingt schnell, wenn mit dem abgehobenen Motor angefahren und dann der Motor unter gleichzeitigem Gasgeben eingekuppelt wird. Die günstige Gewichtsverteilung bezogen auf das Gesamtgewicht des Rades mit Motor und Fahrer, erzeugt bei hohen Geschwindigkeiten Bergabfahrt mit ausgekuppeltem Motor) kein Schlingern oder Schleudern. Über die erreichbaren Geschwindigkeiten geben am besten die Werte, die bei einer durchgeführten Fahrt erreicht wurden, Aufschluß:
Fahrrad (Elite-Diamant) in normaler Ausführung mit Motor 'Student' und angebautem Reservetank für 2 Liter Brennstoff, Gesamtgewicht einschließlich Fahrer (70 kg) = 98 kg. Fahrstrecke: Zella-Mehlis (Thür.) nach Karl-Marx-Stadt, 260 km in 10 Stunden, davon 3 Stunden Nachtfahrt. Der erreichte Durchschnitt betrug also 26 km/h. Auf der Ebene können gut 30 km/h gefahren werden; Höchstgeschwindigkeit (in Abhängigkeit vom Fahrergewicht) 35 km pro Stunde.
Seitens des Herstellerbetriebes, des Konstrukteus und der Mechaniker sind alle Vorbereitungen für eine Fertigung im Gange; die Versuchsarbeiten sind abgeschlossen und umfangreiche Streckenerprobungen durchgeführt worden. Auf der Leipziger Messe fand der Hilfsmotor 'Student' das ungeteilte Interesse aller Besucher, darunter besonders der Werktätigen aus allen Teilen unserer Republik, die das Erscheinen dieses kleinen Hilfsmotors freudig begrüßten in der Hoffnzung, bald so einen Helfer für das Fahrrad zu erhalten und somit die Wegstrecken zur und von der Arbeit schneller zurücklegen zu können oder auch am Sonntag bequem und billig ins Freie zu fahren."
(Kratzsch, B. H.: Ein Fahrradhilfsmotor zum nachträglichen Einbau, in: Das Fahrzeug, 8. Jahrgang, 1954, Seite 12 f.)
Insgesamt liegen nur wenige Informationen zum "Student" vor. Entwickelt wurde er offensichtlich von der Firma Kratzsch und dafür seit spätestens 1952 Unterlagen zum Selbstbau angeboten. Vermutlich ging der Motor im VEB (K) Metallwarenfabrik Zella-Mehlis nie in die Serienproduktion, bzw. wurde nur wenige Exemplare gebaut.
Hersteller
- VEB (K) Metallwarenfabrik Zella-Mehlis
Technische Daten Student
- Motor: Zweitakt, Einzylinder
- Leistung: 1 PS
- Hubraum: 40,7 oder 40 cm³ (je nach Quelle)
- Hub: 40 mm
- Bohrung: 36 mm
- Kühlung: Luftkühlung (Fahrtwind)
- Kraftübertragung: Reibrolle auf das Vorderrad wirkend
- Leergewicht: 6 kg
- Tankinhalt: 2 Liter
- Motorgewicht: 5,5 kg
- Höchstgeschwindigkeit: 25 bis 30 km/h
"Student"-Hilfsmotor, montiert an einem Diamant-Damenrad.
Hilfsmotor des VEB Mähdrescherwerk Weimar
Im VEB Mähdrescherwerk Weimar (ab 1964 VEB Weimar-Werk, ab 1978 zum Kombinat Fortschritt Landmaschinen) wurde Mitte der 1950er Jahre offenbar ein Fahrradhilfsmotor im Rahmen der Konsumgüterproduktion entwickelt. Nach offiziellen Angaben besaß der "Zweitaktmotor 50 ccm Hubraum, er wiegt 5 kg, die Drehzahl beträgt etwa 4.000 Umdrehungen in der Minute, die Leistung 1 PS." (Quelle: Zentralbild, Foto: Wittig, 19.11.1954). Ob es zu einer Serienproduktion kam ist nicht bekannt. Weitere Informationen zu diesem Motor existieren bislang nicht.
Hilfsmotor der Ernst Popp & Co. KG
Bis auf den Hersteller-Eintrag B H K.-Popp-Motoren Ernst Popp & Co. KG, Zella-Mehlis (Thür), Böhmerbergstraße 26 im Bezugsquellennachweis Wer liefert was? des Jahrganges 1950 sind bislang keine Informationen zu diesem Hilfsmotor und der Ernst Popp & Co. KG bekannt.