Steuersätze

Aus DDR-FahrradWiki
Version vom 23. November 2022, 22:04 Uhr von Jeeves (Diskussion | Beiträge) (→‎Ausführung des IFA Werk Schönebeck)
(Unterschied) ← Nächstältere Version | Aktuelle Version (Unterschied) | Nächstjüngere Version → (Unterschied)
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Als Steuersatz (auch Lenkungslager, Steuerlager) bezeichnet man jenes Lager, das die Gabel mit dem Rahmen verbindet. In der DDR-Fahrradindustrie wurde dieses Lager ausschließlich als Gewindesteuersatz ausgeführt und besteht in der Regel aus folgenden Teilen:

Maße

Im Zuge der Wiederaufnahme der Fahrradproduktion wurde in der Sowjetischen Besatzungszone für Fahrrad-Steuerkopflager ein Standard festgelegt, der bereits für die 1943 eingeführte Fahrradnormkonstruktion ("Einheitsrad") verwendet worden war. Dabei wurden die zölligen Maße des weitverbreiteten 1"-Steuersatzes durch metrische Abmessungen (26 mm) ersetzt, die später fast nur in der DDR Verwendung fanden. Eine Ausnahme in der DDR bildeten der Steuersatz für Fahrräder der Hainsberger Metallwerke, für die erst 1951/52 das Maß M26 x 1 übernommen wurde sowie der Steuersatz aus dem IFA Werk Schönebeck (ebenfalls 1").


1" x 24 (EN/ISO) M26 x 1 (DDR)
Gewinde (Nennmaß) 1" = 25,4 mm 26 mm
Steigung
(turns per inch)
24 tpi 1 mm = 25,4 tpi
Gabelkonus 26,4 mm 26,8 mm
Lagerschale 30,2 mm 30,6 mm
Gabelschaft (innen) 7/8" = 22,2 mm 22 mm

Hersteller

Unter anderem:

Ausführungen des VEB Fahrzeugteilewerk Oberfrohna / des VEB Reichenbacher Naben- und Kupplungswerke

Lenkungslager des VEB Fahrzeugteilewerk Oberfrohna, ab 1967 als WERK III Teil des VEB Reichenbacher Naben- und Kupplungswerke, waren die Standardsteuersätze in der DDR-Fahrradindustrie und wurden serienmäßig an nahezu allen Fahrradmodellen verbaut. Der Aufbau war einfach und funktional; auf besondere Abdichtungsmaßnahmen gegen Staub und Wasser wurde weitgehend verzichtet. Im Laufe der Jahre wurden nur geringe optische Veränderungen vorgenommen - neben leichten Variationen des Schraubkonus (Riffelung) veränderte man mehrfach die Form der Abschlussmutter. Wie bei den meisten Fahrradkomponenten nahm auch bei den Renak-Steuersätzen die Qualität der Verarbeitung allgemein, speziell die der Oberflächenbehandlung (Verschliff, Politur und Verchromung) seit den 1970er Jahren stark ab.



Die Ausführung der markanten Abschlussmutter wurde im Laufe der Jahre mehrfach geändert. Bislang können nur ungefähre Angaben zu den Verwendungszeiträumen gemacht werden. (Hinweis: Die hier verwendete Benennung (A, B, C, ...) dient nur der besseren Unterscheidung und ist keine zeitgenössische Angabe.)

Ausführungen von Justin Popp

In Aufbau und Form gleichen die Steuersätze der Firma Justin Popp, produziert bis 1958, im wesentlichen denen des VEB Fahrzeugteilewerk Oberfrohna/VEB Renak. Sehr wahrscheinlich wurden sie nur als Zubehörteil angeboten und nicht serienmäßig verbaut.


Der deutlichste Unterschied zu den Steuersätzen anderer Firmen besteht in der Abschlussmutter, die sechseckig ausgeführt wurde. (Hinweis: Die hier verwendete Benennung (A, B, C, ...) dient nur der besseren Unterscheidung und ist keine zeitgenössische Angabe.)

Ausführung der Hainsberger Metallwerke(?)

Bei diesem Steuersatz, der an Fahrrädern der Hainsberger Metallwerke verbaut wurde (Marken National und Primus), ist noch nicht geklärt, ob er von den Hainsberger Metallwerken selbst produziert oder zugekauft wurde. Für eine Eigenproduktion spricht die Vernickelung, denn auch die von den Hainsberger Metallwerken selbst hergestellten Sattelstützen, Sattelklemmbolzen und Gabelhauben waren vernickelt. Möglich ist aber auch eine Produktion durch die Thüringer Kugellagerfabrik, die nachweislich noch bis mindestens 1951 Steuersätze herstellte.

Zunächst besaß der hier vorgestellte Steuersatz ein 1"-Gewinde. Erst bei den letzten Fahrrädern aus Hainsberg um 1951/52 wurde dann das neue Maß verwendet (Wechsel innerhalb der Rahmennummern 530.308 und 552.386).

Ausführung des IFA Werk Schönebeck

Der Steuersatz aus dem IFA Werk Schönebeck fand nur bei Fahrrädern der Marke IFA Schönebeck Verwendung. Sein Aufbau unterscheidet sich deutlich von Steuersätzen anderer Hesteller: obere Lagerschale und Konus sind hier seitenvertauscht - d.h. der Konus sitzt im Rahmen und die Lagerschale wird von oben aufgeschraubt. Nasenscheibe und Abschlussmutter sind herkömmlicher Art. Durch diesen Aufbau ist der obere Teil des Steuersatzes (Konus, Lagerschale, Nasenscheibe und Abschlussmutter) höher als bei Steuersätzen anderer Hersteller und wirkt sehr markant. Der Steuersatz hat ein 1"-Gewinde; Maße und Bauart entsprechen offensichtlich dem Vorkriegsstand.

Ausführung des VEB Fahrradwerke Elite Diamant

Anfang bis Mitte der 1960er Jahre stattete Diamant seine Straßen- und Bahnrennräder mit einem selbst entwickelten Steuersatz aus, der sich von den sonst üblichen Steuersätzen grundlegend unterschied. So waren die obere und untere Lagerschale unterschiedlich gestaltet und statt mit Kugelringen wurde dieser Steuersatz ausschließlich mit losen Kugeln bestückt. Auch wurde die Bauform geändert; statt den zwei Konuslagern (Schrägkugellager) besaß der Diamant Steuersatz zwei Axiallager, bei denen die Wälzkörper auf relativ schmalen Bahnen liefen.

Technisch gesehen waren diese Steuersätze ein Fehlschlag, da die Axiallager nicht geeignet waren, um die im Fahrbetrieb entstehenden Querkräfte (Radialkräfte) aufzunehmen. Das führte besonders bei kleinen Rahmenhöhen und damit kurzen Steuerkopfrohren zu erhöhtem Verschleiß und schneller Rasterung der Lenkung. Deswegen ist dieser Steuersatz heute nur noch selten zu finden. Auch als Ersatzteil dürfte dieser Steuersatz kein großer Erfolg gewesen sein, denn mit 17,20 MDN kostete er viermal so viel wie der langlebigere Steuersatz des VEB Bremsenwerk Limbach-Oberfrohna.

Bemerkenswert ist, dass die einzelnen Lagerteile gedreht wurden und sehr massiv ausgeführt waren. Vermutlich um das dadurch erhöhte Gewicht auszugleichen, wurde die Abschlussmutter aus Aluminium gefertigt.