Mifa Modell 104: Unterschied zwischen den Versionen

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Version vom 19. Juni 2016, 23:09 Uhr

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Einordnung in die Modellpalette

Eine Betriebschronik des VEB Mifa-Werk Sangerhausen aus dem Jahr 1982 nennt die 28"-Tourensporträder als zentrales, im Plan "Wissenschaft und Technik" enthaltenes Thema der späten 1970er Jahre. Den Angaben zufolge wurden diese Fahrradtypen 1979 in die Produktion überführt und "zu Ehren des 30. Jahrestages der DDR der Bevölkerung zum Kauf angeboten". Eine erste offizielle Erwähnung dieser Fahrräder ist in einem Mifa-Katalog von 1980 zu finden: Unter der Typenbezeichnung Modell 104 hatte Mifa die Herrenausführung im Sortiment, die entsprechende Damenausführung trug die Modellnummer 162.
Mit dem Erscheinen dieser Ausführung wurde zugleich eine seit längerem bestehende Lücke geschlossen, da es zuvor 28"-Fahrräder fast ausschließlich in Form von Sporträdern gab. Zwar wurden noch bis 1979 die klassischen 28"-Tourenräder in geringen Stückzahlen produziert, doch konnte der Bedarf damit nicht gedeckt werden. Zudem waren diese Fahrräder nicht mehr zeitgemäß. Spätestens mit dem Beginn der Produktion der neuen 28"-Tourensporträder wurden sie schließlich obsolet.

Rahmen und Ausstattung

Das Modell 104 besaß einen für Tourensporträder typischen Rahmen mit schrägen Ausfallenden sowie einem offenen Hinterbau. Die Sitz- und die Kettenstreben waren gerade ausgeführt. Der Rahmen besaß zusätzliche Anlötteile für den Dynamo und die Luftpumpe. Außerdem waren an Unterrohr und rechter Kettenstrebe kleine Ösen zur Außenführung des Lichtkabels angelötet. Es fehlten Anlötteile für den Kettenschutz, dieser wurde mittels einer (schlecht arretierbaren) Spange auf die Tretlagermuffe geklemmt. Die Dynamohalterung war, für Mifa eigentlich untypisch, am Hinterbau angebracht. Die 28"-Tourensporträder wurden mit der Vorderradgabel der Mifa Sporträder ausgestattet, deren Gabelkopf im Unterschied zu damaligen Sporträdern bereits lackiert statt verchromt war.

Das Rahmendreieck war mit dem der 26" Tourensporträder identisch, lediglich der Hinterbau wurde verlängert. Einerseits wurde dadurch ein hohes Maß an Standardisierung erreicht. Andererseits waren damit erhebliche Kompromisse verbunden. Aus dem unveränderten Rahmendreieck in Kombination mit den 28"-Laufrädern resultierte ein unsinnig hoch positionierter Rahmen des fahrfertigen Fahrrads, dessen Tretlagerachsmitte mit 31 cm sogar noch höher als bei den klassischen Tourenrädern lag, und ganze 6 cm höher als bei den 26" Tourensporträdern. Entsprechend höher lag auch das Oberrohr. Aufgrund der unveränderten Rahmenhöhe und Oberrohrlänge war das Rad dennoch nicht besser für große Personen geeignet als das entsprechende 26" Tourensportrad, wohl aber erschwerte die hohe Sitzposition das Auf- und Absteigen und verlagerte den Schwerpunkt nach oben. Streng genommen muss hierbei von einer Fehlkonstruktion gesprochen werden, die auch am Nachfolgemodell 112 nicht korrigiert wurde.

Während sich der Rahmen weitgehend an den bisherigen Tourensporträdern orientierte, bot die Ausstattung dieses Fahrrads einige Neuerungen. Vermutlich wurden mit Einführung der neuen Modellreihe auch Exportabsichten verfolgt, die einige Anpassungen der Ausstattung auch im Binnenmarkt zufolge hatten. Dazu zählen die verchromten Stahlfelgen mit Bremsrelief, die abgesehen von der Damenausführung an keinem anderen Fahrrad der DDR verwendet wurden. Aufgrund ihres hohen Gewichts stellten diese keine technische Verbesserung, sondern eher eine Anpassung an westlichen Zeitgeschmack dar. Optisch wirkte es sich aber vorteilhaft aus, dass sie ihren Glanz wesentlich länger behielten als Alu-Felgen, die schon nach kurzer Zeit zur Wiederherstellung des Glanzes aufwändig poliert werden mussten. Die Schutzbleche bestanden aus Aluminium und besaßen erst ab ca. 1984 schwarz ausgelegte Sicken. Auch hier fand mit der Außenführung der Haltestreben und umgebördelten Enden eine Anpassung an westliche Standards statt. Letztere Maßnahme sollte die Verletzungsgefahr vermindern. Auch der neue, aus Stahl gefertigte Kettenschutz, der das Kettenblatt und den oberen Kettenstrang vollständig abdeckte, trug zu einer optischen Annäherung an westliche Fahrräder bei und erhöhte die Alltagstauglichkeit. Weitere Ausstattungsmerkmale waren ferner eine Felgenbremse vorn, ein Sportlenker mit Vorbau, ein verchomter Gepäckträger, ein Tourensattel sowie Sportpedale. Wie umfangreich der Export von Fahrrädern auf Basis des Modells 104 tatsächlich ausfiel, ist nicht klar, jedoch deuten regelmäßig auftauchende Exemplare mit geändertem Markennamen/Dekor und teilweise veränderter Ausstattung auf einen relevanten Export hin.

Im Vergleich zu den übrigen Mifa-Tourensporträdern dieser Zeit lassen sich die neuen 28"-Ausführungen insgesamt als Luxusmodelle einordnen. Einige der genannten Details waren später auch an den einfacheren Modellen verfügbar. Die Übersetzung fiel etwas langsamer aus als bei den 26"-Tourensporträdern und Sporträdern. Für die Funktionseinheit Kettenblatt - Kurbel - Tretlager (Getriebe) wurde mitunter auf Erzeugnisse des westdeutschen Herstellers Thun zurückgegriffen. 1985 ersetzte das Modell 112 die hier beschriebene Ausführung.

Lackierung und Rahmendekor

Offenbar wurden die frühen Fahrräder des Typs 104 noch zweifarbig lackiert, zumindest werden sie so in einem Katalog gezeigt. Da jedoch im IV. Quartal 1979 der Übergang zu einfarbig lackierten Rahmen erfolgte, dürften nur wenige zweifarbige Exemplare ausgeliefert worden sein. Das Modell 104 war vermutlich ausschließlich mit Metallic-Lackierungen lieferbar (gemäß Katalogangaben von 1980: Kupfer, Gold, Blau und Grün). Das Rahmendekor war recht einfach gestaltet und bestand aus chromfarbenen Aufklebern. Der Kettenschutz war zunächst verchromt, ab spätestens 1981 dann schwarz lackiert. Weitere Details über die bei Mifa verwendeten Rahmendekore sind hier zu finden.

Galerie

Anlötteile am Rahmen

Verwendungszweck Bemerkungen
Halterung für Luftpumpe am Sattelrohr
Halterung für Dynamo an der rechten Sitzstrebe
Ösen für Beleuchtungskabel am Unterrohr und an der rechten Kettenstrebe

Technische Merkmale